[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 30. Mai 2022]

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie im Dezember 2019 hat China alles versucht, um Infizierte im Land konsequent zu isolieren und eine Ausbreitung des Virus zu vermeiden. Dies führte auch bei sehr geringen Fallzahlen immer wieder zu Schließungen von Wohnblöcken, Stadtteilen und Häfen, was zu erheblichen Störungen der globalen Lieferketten beigetragen hat und immer noch beiträgt. Auch nach der schnellen Ausbreitung der Omikron-Variante in Shanghai und anderen Großstädten zu Beginn des Jahres 2022 hat die politische Führung des Landes strikt durchgegriffen und teilweise wochenlange Lockdowns über wichtige Handelsstädte verhängt. Dies verursachte sowohl im Inland Produktions- und Nachfragerückgänge als auch eine weitere Verschärfung im globalen Seehandel. Für die exportstarke europäische Chemieindustrie sind in erster Linie die ausbleibenden Lieferungen von Vormaterialien aus dem Land sowie die schwache Importnachfrage von enormer Bedeutung. Eine langfristige Entkopplung des globalen Handels wird die chemische Industrie vor große Herausforderungen stellen.

Die chinesische Produktion von Petrochemikalien sinkt im April 2022 stark

Die Auswirkungen der regionalen Lockdowns in China finden sich auch in den Produktionszahlen von wichtigen Petrochemikalien wieder. Im Vergleich zum Vormonat sind im April in China die Produktionen von Ethylen um 7,9 %, von Basiskunststoffen um 9,2 % und von Chemiefasern um 15,1 % gefallen. Im Vergleich zum April des Vorjahres sind die Produktionen um 1,4 %, 0,5 % und 7,4 % niedriger. Dies sind deutliche Zeichen für einen globalen Wachstumsmarkt wie China, wo in den vergangenen Jahren und auch aktuell massiv in petrochemische Kapazitäten investiert wurde und wird. Sowohl das Löschen von Schiffsladungen in den Häfen als auch die Inlandslogistik sind derzeit stark beeinträchtigt. Unternehmen in besonders von COVID betroffenen Regionen können derzeit nur operieren, weil Teile der Belegschaft in den eigenen Werken in den Lockdown gehen. ICIS berichtet, dass einige Kunststoffverarbeiter den Betrieb heruntergefahren oder gar eingestellt haben, da Vormaterialien fehlen, aber auch die Nachfrage aus der Automobilindustrie gedämpft ist.

Die Zukunft ist ungewiss

Experten gehen mittlerweile davon aus, dass die Situation in China noch mindestens bis Ende des zweiten Quartals anhalten wird, auch wenn es in Shanghai erste Lockerungen gibt. Des Weiteren ist schwer absehbar, wie sich die Situation in China bei weiteren COVID-Ausbrüchen entwickeln wird. Ein dynamisches Rauf- und Runterfahren der Kapazitäten ist ohne erhebliche Reibungsverluste nicht möglich. Langfristig wird die weltweite Chemieindustrie genau beobachten, wie sich globale Handelsströme entwickeln. Ein möglicher Zerfall der Welt in wirtschaftliche und geopolitische Blöcke erfordert neue Strategien, vor allem der stark exportorientierten europäischen Industrie. Weniger Zentralismus, weltweite Produktionsstandorte und Kooperationen können hier eine entscheidende Rolle spielen.

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Sven Anders, CFA
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