Deutschland = „Dentalland“
Die Menschen in der Europäischen Union geben jährlich ca. 80 Mrd. € für zahnmedizinische Behandlungen aus. Einer der größten Dentalmärkte ist Deutschland mit rd. 27 Mrd. €, was etwa 8 % der jährlichen Gesundheitsausgaben entspricht. Nach wie vor dominieren klassische Einzelpraxen mit einem Marktanteil von 82 % das Geschehen. Seit 2015 existieren auch rein zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und MVZ-Ketten. Letztere machen bisher allerdings erst 1 % des Gesamtmarktes aus. Begünstigt werden diese größeren Praxisstrukturen durch fehlende Nachfolgeregelungen der Zahnärzte, das veränderte Arbeitsverhalten der nachrückenden Fachkräftegeneration, steigende Investitionsvolumina durch den medizinisch-technischen Wandel und wachsende Leistungsvielfalt.
Private Unternehmen und privates Kapital seit Jahren akzeptiert
Die Bildung von größeren Unternehmenseinheiten und der Einsatz von privatem Kapital wird im Gesundheitswesen schon lange akzeptiert, wie ein Blick auf die Pharmaindustrie, die Medizintechnik, privat geführte Krankenhaus-, Reha- oder Laborketten zeigt. Kein Wunder, denn privates Kapital muss zunehmend bisher öffentliche Finanzierungsmittel ersetzen. Darüber hinaus bieten Konsolidierungen unter anderem Vorteile in Einkauf, Personalbeschaffung, Qualitäts- und Markenbildung. Nur in der ambulanten Versorgung fällt die Akzeptanz solcher Geschäftsmodelle bisher noch schwer. Die jüngsten Diskussionen um das Thema der MVZ – zuletzt im Zusammenhang mit dem Termin- und Versorgungsgesetz (TSVG) – zeigen das eindrücklich.
Terminservice- und Versorgungsgesetz erschwert die Gründung von Zahnärztlichen MVZ
Das seit Mai geltende Gesetz sollte Private-Equity-Investments in Zahnarztpraxen erschweren, tut dies jedoch deutlich weniger, als zunächst befürchtet. Besitzt ein Private-Equity-Investor ein Krankenhaus, kann er weiterhin Zahnmedizinische Versorgungszentren gründen und darüber einzelne Zahnarztpraxen aufkaufen. Beschränkungen gibt es allerdings beim jeweiligen Versorgungsgrad, den das Krankenhaus im zugehörigen Kassenärztlichen Versorgungsbereich des MVZ bereits abdeckt. Je nach Grad der Über- bzw. Unterversorgung in der Region soll ein einzelnes Krankenhaus nur noch maximal einen Versorgungsanteil von 5, 10 oder 20 % an sich binden dürfen. Laut einer Untersuchung von Capitalmind sind 40 % aller 464 Planungsregionen in Deutschland überversorgt. Somit darf ein einzelnes investorengeführtes Krankenhaus dort maximal 5 % des Marktes kontrollieren. Zwar wird die typische Kleinpraxis deshalb den Zahnarztmarkt auch in absehbarer Zeit noch dominieren. Die IKB erwartet allerdings, dass es für Investoren mit Krankenhausplattform – analog zur Kettenbildung in anderen ambulanten Fachgebieten wie der Radiologie – in Ballungsgebieten und großen Städten mit entsprechendem Zahnarztbestand einfacher wird, den Markt zu konsolidieren.
Johanna Eckert-Kömen betreut als Direktorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB insbesondere Unternehmen aus den Branchen Healthcare Services, Medizintechnik, Pharma sowie Kosmetik und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes stieß sie bereits 1991 zur IKB.
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