[Fördermittel-Informationen vom 11. November 2020]

Die Gesetzgebung, das aktuelle Konjunkturpaket der Bundesregierung und die EU-Taxonomie zeigen: Das Thema Nachhaltigkeit ist aus der Unternehmensfinanzierung nicht mehr wegzudenken. Während die KfW dafür die entsprechenden Förderprogramme anbietet, berät die IKB ihre Kunden bei der Finanzierung und agiert als Durchleitungsbank. Jens Fröhlich, Leiter Fördermittel der IKB und Bernd Rupieper, Leiter Industriegruppen der IKB über die aktuellen Herausforderungen.

Jens Fröhlich Bernd Rupieper

 

Der Begriff EU-Taxonomie ist nicht selbsterklärend: Was ist darunter zu verstehen?

Bernd Rupieper: Es geht darum, Nachhaltigkeit messbar zu machen. Der Begriff bezeichnet ein gemeinsames Klassifikationssystem der Europäischen Union, das Kapitalanlegern Anreize für nachhaltige Investments bieten soll. Alle Finanzmarktakteure sind angesprochen, also insbesondere Banken und Versicherer, aber natürlich auch Unternehmen.

Jens Fröhlich: Bereits das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 wollte die Finanzwirtschaft verpflichten, die Klimaziele zu unterstützen. Dies geschieht auch schon seit einiger Zeit vornehmlich in Form entsprechender Kapitalanlagen für private und institutionelle Investoren. Dazu gehören etwa „Green Bonds“ oder „Nachhaltigkeitsfonds“. Daraus sind mittlerweile ganze Geschäftsmodelle entstanden.

Das Problem, das die EU sieht, ist vor allem das sogenannte „Green Washing“. Denn wer definiert, was nachhaltig ist und was nicht? Die Grenzen sind auf jeden Fall fließend. Insofern entstand ein Bedürfnis, genau zu definieren, was bis wohin grün ist und ab wann eben nicht mehr. Es gilt nur, was man wiegen, messen oder zählen kann. Entsprechend hat die EU nach ziemlich langen Konsultationen im Juni 2020 schließlich ihren ersten Entwurf über 400 Seiten veröffentlicht. Hierunter darf man sich kein abgeschlossenes Regelwerk vorstellen, denn das Gebilde lebt. Bislang sind erst für einzelne Branchen Vorgaben definiert worden, Ziel ist aber, nach und nach alle Sektoren abzubilden. Des Weiteren sollen die Standards sukzessive angepasst werden, um den technischen Fortschritt zu berücksichtigen. Insgesamt ist die EU-Taxonomie also ein ziemlich umfassender Ansatz, der langsam aber sicher ins Rollen kommt.

Bernd Rupieper: Dafür sorgt auch die Regulierung, denn vom Beginn des übernächsten Jahres an, also ab Januar 2022, müssen Unternehmen, die entsprechende Publizitätspflichten haben, ihre Aktivitäten nach den Vorgaben der EU-Taxonomie gliedern.

Was bedeutet das im Hinblick auf die Dekarbonisierung, also die Verringerung des CO₂-Ausstoßes?

Bernd Rupieper: Die Dekarbonisierung ist ein wichtiger Bestandteil nachhaltigen Wirtschaftens und damit der EU-Taxonomie.

Aber auch das Klimaschutzpaket der Bundesregierung hat enorme Auswirkungen auf Gebäude-, Verkehrs- und Industriesektor. Denn das Treibhausgasemissions-Handels-Gesetz sieht vor, dass im Vergleich zu 1990 bis zum Jahr 2030 mindestens 55 Prozent % der Treibhausgase eingespart werden. Die Selbstverpflichtung aus internationalen Klimaabkommen und EU-Vorgaben verpflichtet sogar zur Treibhausgas-Neutralität bis 2050. Flankiert werden diese Ambitionen von neuen oder überabeiteten nationalen Gesetzen wie Bundes-Klimaschutzgesetz, Brennstoffemissionshandelsgesetz und Kohleausstiegsgesetz. Sie erhöhen zusätzlich den Druck auf Wirtschaft und Industrie.

Dem Wasserstoff kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, denn dieser ist „grün“ herstellbar – also CO₂-frei auf Basis von Erneuerbaren Energien – sowie speicher- und transportierbar. Eine bereits oft in der Vergangenheit eingeforderte Sektorkopplung zwischen Verkehr, Gebäude und Industrie könnte mit Wasserstoff erstmals gelingen. In einigen großen Industriezweigen spielt Wasserstoff ohnehin schon eine substanzielle Rolle und wird unverzichtbar, so in der Stahl- und Chemieindustrie sowie im Verkehrswesen. Deshalb ist es der Bundesregierung wichtig, dass Deutschland in der Entwicklung einer dekarbonisierten Wirtschaft die Nase vorn hat.

Jens Fröhlich: Die Dekarbonisierungsziele müssen eingehalten werden, ansonsten wird es zukünftig teuer für die Unternehmen – insbesondere für die aus dem Produzierenden Gewerbe und der energieintensiven Industrie. Insofern werden sich zukünftig Unternehmen im Rahmen ihrer technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten mit neuen Klimaschutzmaßnahmen auseinandersetzen müssen. Hier geht es dann am Ende auch darum durch klimafreundliche Technologien und Verfahren national oder international Wettbewerbsvorteile zu erlangen. 

Und auch Versicherungsgesellschaften und Banken müssen in ihrem Lagebericht künftig ausführen, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten nachhaltig sind. Investmentfonds und andere Finanzmarktteilnehmer, die Produkte „ökologisch“ nennen, haben künftig über deren Taxonomie-konformen Anteil zu informieren. Das bedeutet auf jeden Fall eine signifikante Zunahme der Transparenz.

Wie unterstützen Bundesregierung und KfW diese Transformation?

Jens Fröhlich: Die KfW hat mit ihrem Förderprogramm „Klimaschutzoffensive“ die Taxonomie-Vorgaben nun so umgemünzt, dass sie Investitionen, die deren Kriterien entsprechen, besonders fördern will. Dadurch zieht die Komplexität der Taxonomie unvermeidlich auch in die Förderprogramme ein. Dennoch glaube ich, dass dieser Förderansatz sehr viel Potenzial bietet, zumal die KfW aktuell prüft, die Konditionen noch attraktiver auszugestalten.

Für Unternehmen bietet die KfW ansonsten eine ganze Reihe weiterer Programme an, die unterschiedlichen Aspekten Rechnung tragen. Schließlich sind Energieeffizienz und Nachhaltigkeit nicht erst seit gestern ein Thema. Hervorzuheben ist, dass einzelne KfW-Programme nicht nur eine Finanzierung anbieten, sondern auch sehr nennenswerte Zuschüsse enthalten können. Für das wichtige Programm „Energieeffizienz in der Wirtschaft“ etwa, bei dem es am Ende um CO₂-Vermeidung durch entsprechende Investitionen in Maschinen und Anlagen geht, kann der Zuschuss in der Spitze bis zu 10 Millionen Euro betragen. Wirft man das in die Waagschale, rechnet sich so manche Investition, die vielleicht sonst mangels Wirtschaftlichkeit in der Schublade verstauben würde.

Zudem entstehen gerade sehr viele zusätzliche Fördertöpfe und die Politik macht Budgets in vorher nicht gekannter Höhe locker. Das ist einerseits zwingend notwendig, um die Klimaschutzziele für das Jahr 2030 überhaupt erreichen zu können. Andererseits heißt das aber auch, das jetzt die Zeit für viele Unternehmen gekommen ist, sich einen Plan zurecht zu legen, wie sie selbst diese Ziele erreichen und ihren „carbon footprint“ reduzieren können. Denn auch hier gilt das alte Motto: Den Letzten beißen die Hunde.

Bernd Rupieper: Neben Förderprogrammen zum Ausbau von Erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung hat die Bundesregierung im Konjunkturpaket allein für Wasserstofftechnologie insgesamt ein Budget von 7 Milliarden Euro vorgesehen. Weitere 2 Milliarden Euro sind für internationale Partnerschaften angedacht, denn der Bedarf an grünem Strom und Wasserstoff wird national nicht gedeckt werden können.

Bereits heute ist die Förderung von Investitionen in klimafreundliche Technologien in der Industrie durch das „Nationale Dekarbonisierungsprogramm“ möglich; zur Verfügung stehen über eine Milliarde Euro. Daneben existieren weitere Förderprogramme für Investitionen in Wasserstofftechnologien in der Industrie. Dazu gehören Energie- und Klimafonds sowie Reallabore der Energiewende.

Wirkt die Coronakrise wie ein Katalysator?

Bernd Rupieper: Ja, denn das Konjunkturprogramm hätte es ohne Corona nicht gegeben. Dadurch wird nun viel Geld bereitgestellt – insbesondere für Klimaschutz. Mit dem „Zukunftspaket für investive Maßnahmen“ der Bundesregierung stehen dafür in Summe rund 51,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Der größte Anteil von etwa 18 Milliarden Euro entfällt auf Mobilität und Verkehr. Insbesondere der Umstieg vom klassischen zum alternativen Antriebstrang soll hierbei adressiert werden. Die Wasserstoffstrategie wird – wie bereits angesprochen – Sektoren wie Industrie, Energie und Verkehr zusammenführen. Hierfür sind Förderungen von etwa 11,3 Milliarden Euro vorgesehen. Für Gesundheit und Pharma stehen fast 9,75 Mrd. Euro bereit und für TMT und Digitalisierung rund 12 Milliarden Euro. Das sind immense Summen, für die teilweise erst einmal Förderprogramme mit Förderbedingungen geschaffen werden müssen.

Jens Fröhlich: Das Konjunkturprogramm 2020 hat auf jeden Fall noch einmal sehr deutlich gemacht, wo die Reise hingeht. Es gibt ja schon einen Fachbegriff hierfür, nämlich „Green Recovery“. Und ich denke, das ist mit und ohne Corona auch die wesentliche Botschaft: Konjunkturelles Wachstum wird heute im Zweifel dem Ziel des Klimaschutzes untergeordnet. Diese neue Werteordnung vollzog sich spätestens im letzten Jahr, aber sie ist aufgrund der Pandemie noch einmal sehr deutlich geworden.

Gibt es in diesem Umfeld Beispiele für Finanzierungen, welche die IKB bereits umgesetzt hat?

Bernd Rupieper: Investitionen in Erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung stellt die IKB ihren Kunden bereits seit vielen Jahren zur Verfügung. Schließlich gibt es Erneuerbare Energien-Gesetz und Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz nicht erst seit gestern, sondern seit fast 20 Jahren. Die entsprechenden Finanzierungen stellen wir mehrheitlich über Förderprogramme der KfW bereit. Daneben reichen wir auch Förderprogramme von diversen Landesförderinstituten aus. Hier verfügen wir über eine ausgewiesene Expertise. Darüber hinaus ist die IKB aber auch in etlichen gewerblichen bzw. industriellen Projekten investiert, beispielsweise bei Kunden mit großem Energiebedarf aus Chemie- und Stahlindustrie oder bei Papierherstellern. Hier finanzieren wir nicht nur neue, effizientere Kraftwerke, sondern auch Prozessoptimierungen in der Produktion, – also Energieeffizienzmaßnahmen. Diese Finanzierungen enthalten häufig auch Tilgungsschüsse aus KfW-Programmen.

Jens Fröhlich: Man darf nicht vergessen, Investitionen in die Nachhaltigkeit haben bei Unternehmen einen langen Vorlauf. Das gilt natürlich auch für unsere Kunden. Wir reden hier schließlich nicht über Investitionsmotive mit offensichtlich wirtschaftlicher Motivation, es geht also nicht um die Erweiterung des Produktspektrums oder eine Kapazitätserhöhung.

Knackpunkt ist in der Regel, dass nachhaltige Produkte höhere Kosten verursachen – und zwar sowohl bei den Investitionen als auch auf der operativen Seite. Meist gibt es aber zumindest kurzfristig keine Möglichkeit, das hieraus resultierende Produkt zu einem höheren Marktpreis abzusetzen. Anders formuliert: Der Tonne Stahl sieht man nicht an, ob sie mit konventioneller, fossiler Energie hergestellt wurde oder mit grünem Wasserstoff; den Herstellkosten hingegen sieht man es sehr deutlich an.

Deshalb beobachten wir bei vielen Kunden, dass sie aktuell noch in der Findungsphase sind. Hierfür stehen wir gerne als Sparringspartner zur Verfügung. Wir ermöglichen gegebenenfalls Zuschüsse zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, bringen unser Netzwerk in der komplexen Förderlandschaft ein und finanzieren.

Um auf das Thema „Dekarbonisierung durch den Einsatz von Wasserstoff“ zurückzukommen: Mit einzelnen Kunden – zu nennen ist etwa die Salzgitter AG – haben wir schon erste Projekte realisieren können oder befinden uns in der Umsetzungsphase. Ich denke, die Mehrheit der Projekte werden wir aber erst in den nächsten Jahren realisieren, denn das Thema Wasserstoff steht erst am Anfang. Zudem hat Corona in vielen Unternehmen erstmal für ein kurzes Innehalten gesorgt.

Ganz schön komplex: die EU-Taxonomie

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Jens Fröhlich
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Bernd Rupieper
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