[Industrials & Automotive-Information vom 13. Juli 2021]
Wenn sich zukünftig die Unternehmen der Textiltechnik und des Textilmaschinenbaus auf ihren Branchenmessen treffen, dürfte sich einerseits feststellen lassen, dass die Anzahl deutscher Aussteller im Verhältnis zu insbesondere asiatischen Herstellern relativ klein ist. Andererseits werden aber weiterhin essenzielle Innovationen der Branche durch deutsche Textilmaschinenbauer entwickelt und vorgestellt. Dies führt zur Frage, ob die innovationsstarken, deutschen Unternehmen letztlich dem Preisdruck asiatischer Wettbewerber Stand halten können.
Sehr starke chinesische Außenhandelsposition
Entscheidend wird zukünftig sein, wie sich der stark gestiegene Marktanteil asiatischer Unternehmen entwickeln wird. Aktuell zeigt ein Blick auf den entsprechenden Weltaußenhandel, dass dieser seit Jahren von chinesischen Unternehmen bestimmt wird. Im letzten Jahr hatten sie einen Marktanteil von nahezu 32 %, der im Zuge der Covid-19 Pandemie einen Rückgang auf rund 22 Mrd. € verkraften musste, wie die Daten der nationalen Statistikämter zeigen. Neben deutschen Unternehmen (12 %) besitzen noch die italienischen (8 %) und die japanischen Anbieter (7 %) bedeutende Anteile am Weltaußenhandel der Textilmaschinen und Textiltechnik.
Bei regionaler Betrachtung zeigt sich, dass nahezu 60 % des Außenhandels durch (ost-)asiatische Länder generiert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zu dem Außenhandel noch ein bedeutender inländischer Absatz in diesen Ländern hinzukommt. Die sehr starke chinesische Marktposition zeigt die starken Veränderungsprozesse, welche die chinesische Wirtschaft in den letzten zwei Dekaden genommen hat. So betrugen die chinesischen Außenhandelsanteile bei Textilmaschinen im Jahr 2005 nur rund 8 %. Seit dem Jahr 2000 halbierte sich der Anteil Deutschlands nahezu von damals gut 22 %. Als wesentliche Treiber für diese Entwicklung sehen wir neben der zunehmenden Verlagerung der Textilproduktion nach Asien insbesondere die fokussierte, chinesische Strategie, den Massenmarkt mit Standardmaschinen zu sehr günstigen Preisen zu erschließen. Ist das die „Blaupause“ für die zukünftige chinesischen Positionierung im Maschinenbau insgesamt?
Nach Konsolidierungsphase folgt der Trend zu Investitionen
Wie erklärt sich aber die nach wie vor hohe Innovationskraft der deutschen Textilmaschinenhersteller? Hier hilft ein Blick auf die nationalen Branchendaten. Für den Zeitraum von 2000 bis 2019 belegen die Daten des statistischen Bundesamtes einen Rückgang der im Wirtschaftszweig aktiven Unternehmen von gut 45 %. Im Vergleich dazu zeigt der gesamte Maschinenbau ein Wachstum von 12 %. Diese konträre Entwicklung von Branche und Wirtschafszweig dokumentiert auch der spezifische Umsatz. Dieser sank bei den Herstellern von Maschinen für die Textil- und Bekleidungsherstellung bzw. Lederverarbeitung um knapp 12 %, während der des Maschinenbaus insgesamt um 82 % stieg.
Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch in Bezug auf die Investitionsquote der Unternehmen tätigen. Während diese bei den Unternehmen des Textilmaschinenbaus noch Mitte der 1990er-Jahre höher als im Gesamtsektor war – 3,6 % zu 3,3 % –, so wurde insbesondere in den Jahren 2000 bis 2010 relativ wenig investiert. Dies war einerseits sicherlich die Folge, andererseits aber auch ein Grund für den schwindenden Weltmarktanteil. Nach einer Konsolidierungsphase lag zuletzt allerdings die Investitionsquote wieder höher als im Durchschnitt des Maschinenbaus. Ähnliches ist für die F&E-Quote anzunehmen. Dies resultiert wiederum in den bereits realisierten und zukünftig zu erwartenden Maschineninnovationen.
Stabiler Ausblick auf Basis betrieblicher Innovationen
Kurz- und mittelfristig geht die IKB davon aus, dass sich die deutsche Textilmaschinenproduktion stabilisiert hat und im Wesentlichen im Einklang mit dem Gesamtmarkt entwickeln wird. Im Zuge einiger Nachholeffekte des europäischen Textilmaschinenbaus sollten die deutschen Hersteller im Jahr 2021 wieder eine leichte Steigerung des Außenhandelsanteil zu Lasten der chinesischen Unternehmen erreichen, die im letzten Jahr überproportional zulegen konnten. Langfristig dürften sich die nun im Markt verbliebenen, großen Unternehmen durch ihre Innovationskraft auch zukünftig gut behaupten können, während kleinere Unternehmen weiterhin vor der Herausforderung stehen, Innovationen finanzieren zu können.
Dr. David Blass ist Abteilungsdirektor und Advisor im Bereich Transformation Advisory. Er ist involviert bei der strategischen Beratung unserer Kunden bei den Themen ESG und Sustainable Finance. Nach dem Studium des Maschinenbaus und der Promotion im Bereich der Produktionstechnik an der TU Braunschweig war er zuletzt für ein internationales Multi-Technologie-Unternehmen tätig, bevor er 2020 zur IKB stieß.
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