[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 11. April 2019]
Ausgaben für Rehabilitation wachsen
Nach tiefen Einschnitten Mitte der 1990er Jahre hat der Gesetzgeber die Rehabilitation in den vergangenen Jahren wieder erkennbar gestärkt. Nicht verwunderlich, denn allein der demografische Wandel löst langfristig einen erhöhten Bedarf an Rehaleistungen aus: Einerseits vermeiden bzw. verzögern gezielte Rehabilitationsmaßnahmen Pflegefälle, (Reha vor Pflege). andererseits erhalten sie die Gesundheit der Arbeitnehmer, die aufgrund des Fachkräftemangels und der damit verbundenen sukzessiven Verschiebung des Rentenalters nach hinten länger arbeiten müssen (Reha vor Rente). Aktuell wachsen die Gesundheitsausgaben für Reha daher mit einem jährlichen Plus von rd. 3 %. 2017 erreichte der Markt ein Volumen von über 9,7 Mrd. €. Die Rentenversicherung ist mit 40 % Hauptausgabenträger, 32 % entfallen auf die Gesetzliche Krankenversicherung und 28 % auf die Private Kranken- und Unfallversicherung.
Starke Professionalisierung der Branche in den letzten 20 Jahren
Nach der Krise hat sich die Rehabranche deutlich professioneller aufgestellt. So sorgte die Einführung von Fallpauschalen zu einer verkürzten Verweildauer der Patienten in Krankenhäusern, während die Betreuungsintensität der Patienten in den Rehakliniken massiv zunahm. Daneben findet eine stärkere Spezialisierung statt. Die IKB erwartet, dass die Umsätze bei neurologischen und psychiatrischen Indikationen künftig am stärksten wachsen: erstens durch die Zunahme der Patientenzahlen und zweitens durch einen deutlichen Preisanstieg aufgrund der Komplexität der Fälle. Bei Sucht, Orthopädie, Onkologie und Kardiologie rechnet die Bank mit stabilen Patientenzahlen Die Betreiber von Rehakliniken richten ihr Angebot außerdem zunehmend auf die Multimorbidität älterer Patienten aus. Auch nimmt die Verzahnung mit anderen Gesundheitsakteuren wie Einrichtungen für Prävention, Pflege oder Behindertenhilfe zu. Ein weiterer Markttrend ist die wohnortnahe Reha, die in steigendem Umfang auch ambulant durchgeführt wird, inzwischen mit einem Anteil von 14 %.
Rehamarkt am Anfang einer Konsolidierungsphase
2017 existierten in Deutschland 1.142 Rehakliniken, 10 % weniger als noch 2006. Die Konsolidierung in Form von Kettenbildung und größeren Einheiten schreitet voran, auch wenn nach wie vor in einigen ländlichen Regionen noch Überkapazitäten bestehen. Treiber der Zusammenschlüsse sind Investitionsstau, eine Vergütung deutlich unterhalb des Niveaus der Akutkrankenhäuser und nur moderate Preissteigerungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Hinzu kommt das Pflegepersonalstärkungsgesetz, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist und Rehakliniken gegenüber Krankenhäusern und Pflegeheimen benachteiligt. So werden Krankenkassen den Krankenhäusern künftig alle zusätzlichen oder aufgestockten Pflegestellen vollständig refinanzieren. Für weitere Pflegestellen in Rehakliniken gilt das jedoch nicht, was den im Gesundheitssektor sehr ausgeprägten Wettbewerb um Fachkräfte zusätzlich verschärft. Im Vergleich zu anderen Sektoren des Gesundheitswesens spielt Private Equity als Treiber der Marktkonsolidierung eine eher untergeordnete Rolle. Lediglich ein Unternehmen befindet sich in der Hand von Private Equity, nämlich Median Kliniken. Dabei handelt es sich allerdings um den Marktführer.
Johanna Eckert-Kömen betreut als Direktorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB insbesondere Unternehmen aus den Branchen Healthcare Services, Medizintechnik, Pharma sowie Kosmetik und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes stieß sie bereits 1991 zur IKB.
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