[Industrials & Automotive-Information vom 3. Februar 2020]
Weltweit rückläufige Pkw-Zulassungszahlen – Unterschiede nach Regionen und Herstellern
Im Jahr 2019 sind die weltweiten Pkw-Neuzulassungen um 5 % auf 80,1 Mio. Fahrzeuge gesunken. Regional bestehen jedoch Unterschiede. Während die Neuzulassungen im deutschen Pkw-Markt um 5 % auf 3,6 Mio. gestiegen sind und die Neuzulassungen in der EU ebenfalls um 1,2 % auf gut 15,3 Mio. Einheiten zulegen konnten, sieht es auf den restlichen Kontinenten überwiegend anders aus. So hat die Zahl der Neuzulassungen in den USA um 1,4 %, in Japan um 2,1 %, in China um 9,5 % und in Indien um 12,7 % abgenommen. Brasilien konnte sich diesem Trend mit einer Steigerung von 7,7 % entziehen. Für den Weltmarkt insgesamt steht mit 80,1 Mio. zugelassenen Pkw 2019 ein Rückgang von 5 % gegenüber dem Vorjahr zu Buche. Nach Aussage des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ist dies ein stärkerer Rückgang als zu Zeiten der Finanzkrise 2007/08.
In Deutschland wuchs die Zahl der Zulassungen in direktem Vergleich mit den fünf größten Volkswirtschaften der EU mit 5,0 % am stärksten. Länder wie Frankreich (+1,9 %), Italien (+0,3 %), Großbritannien (-2,4 %) und Spanien (-4,8 %) wuchsen deutlich schwächer oder verzeichneten sogar einen Rückgang. Die Steigerung in Deutschland entspricht dabei dem höchsten Wert seit dem Ausnahmejahr 2009, das infolge der Abwrackprämie besonders stark ausgefallen war. Dass auf europäischer Ebene am Ende ein Plus von 1,2 % gegenüber dem Vorjahr steht, liegt unter anderem auch am außerordentlich starken letzten Monat 2019. Es war der beste Dezember seit Beginn der Datenerfassung. Besonders Frankreich (+28 %), Schweden (+109 %) und die Niederlande (+114 %) haben aufgrund von steuerlichen Änderungen für 2020 zu diesem Wachstum beigetragen. So hat Frankreich die Zulassungssteuern für verbrauchsstarke Autos noch einmal drastisch erhöht. Seit dem 1. Januar 2020 müssen Neuwagenkäufer bis zu 20.000 € zahlen, wenn ihre Autos besonders viel CO2 ausstoßen. In den Niederlanden ist der private Gebrauch von elektrisch betriebenen Dienstfahrzeugen lange durch eine steuerliche Vergünstigung subventioniert worden. Ab 2020 soll dieser Vorteil langsam abgebaut werden, sodass statt vormaligen 4 % des Neuwertes nun 8 % des Neuwertes eines Firmenwagens bei Neuzulassung gezahlt werden müssen.
Damit sind eine Reihe von Sondereffekten in den Dezember 2019 eingeflossen, die für die hohen Absatzzahlen in der EU gesorgt haben.
Unter den deutschen Herstellern konnte Daimler die Zulassungen im letzten Jahr mit 5,3 % am stärksten in der EU steigern, gefolgt von Volkswagen mit 3,1 % und BMW mit 1,7 %. Daimler profitierte besonders von den starken Zuwächse bei Smart (+16,6 %) und bei VW liefen Porsche (+13,5 %) und Seat (+11,8 %) sehr gut. Der Volkswagen-Konzern kann damit zusammen mit Renault in den vergangenen Jahren durchgängig Zuwächse bei den Neuzulassungen vorweisen.
Bei den großen ausländischen Herstellern gingen die Zulassungen bei PSA um 1,1 % zurück. Dabei gingen die Zulassungen bei Opel/Vauxall überdurchschnittlich um 7,6 % zurück, sodass die Marke in Deutschland auf einen historisch niedrigen Marktanteil von 5,2 % fiel. Bei FCA gingen die Neuzulassungen um 7,3 % zurück, getrieben von Fiat (-7,2 %) und Alfa Romeo (-35,6 %). Bei Renault legten die Neuzulassungen um 1,1 % (Dacia +10,4 %) zu und bei Hyundai um 2,8 %.
Prognose für 2020
Nach dem weltweiten Rückgang um 5 % im Jahr 2019 erwartet der Verband der Automobilindustrie (VDA) für das Jahr 2020 einen weiteren Rückgang um 1 % auf 78,9 Mio. Pkw-Neuzulassungen; eine Zahl, die nur knapp über dem Niveau von 2015 (78,2 Mio.) liegt. In Deutschland wird nach vielen Jahren des Wachstums ein Rückgang um 4 % auf 3,43 Mio. Neuzulassungen erwartet. Auch für die USA und die EU wird ein Rückgang von 3 % auf 16,5 Mio. bzw. 2 % auf 15,3 Mio. Pkw erwartet. Für China wird laut der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) ebenfalls mit einem Rückgang von 2 % auf 20,5 Mio. gerechnet.
Potenzielle Auswirkungen auf Zulieferer
Für Automobilzulieferer dürfte das bedeuten, dass die Konsolidierung weitergeht. Daher ist neben einer zukunftsorientierten, strategischen Ausrichtung des Unternehmens und Produktportfolios eine diversifizierte Kundenbasis wichtiger denn je, um in einem unsicheren Branchenumfeld Stabilität zu gewährleisten.
Stefan Hölting ist Vice President in der Industriegruppe Automotive der IKB. Er betreut primär mittelständische Automobilzulieferer und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach seinem Studium zum Master of Science in Finance an der European Business School und MBA an der Georgia State University hat er die ersten vier Berufsjahre in der M&A-Beratung absolviert, bevor er 2015 zur IKB stieß. Er schreibt zu aktuellen Themen aus der Automobilindustrie.
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