[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 27. August 2020] Seit Jahren wächst der Umsatz im Pharmagroßhandel bei gleichzeitig sinkenden Renditen. Weitere Herausforderungen für die Branche sind die Digitalisierung – Stichwort: „elektronisches Rezept“ –, regelmäßige Reformen im Gesundheitswesen, Lieferengpässe bei den Arzneimittelherstellern und alternative Vertriebswege. Nun wird mit der Fusion von Gehe und Alliance Healthcare ein weiteres Schwergewicht im Markt entstehen.

Steigender Umsatz bei sinkender Marge

Laut Angaben des Verbandes Phagro, in dem alle Pharmagroßhändler Deutschlands zusammengeschlossen sind, hat die Branche 2019 mehr als 32 Mrd. € umgesetzt. Während in den vergangenen Jahren Absatz und Umsatz regelmäßig stiegen, wird der Druck auf die Erträge immer stärker: In den letzten 15 Jahren ist die Marge, also die Differenz zwischen dem Großhandelseinkaufspreis (Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) und Großhandelsverkaufspreis (Apothekeneinkaufspreis), von 6,2 % auf 4,2 % im Jahr 2019 gesunken.

Fusion lässt neuen Marktführer entstehen

Diesem Margendruck versuchen Marktteilnehmer durch weitere Zusammenschlüsse auszuweichen. Die im Dezember letzten Jahres angekündigte Fusion von Gehe (Mc Kesson Europe) und Alliance Healthcare (Walgreens Boots Alliance) genehmigte die EU-Kommission vor Kurzem. Die ausstehenden Zustimmungen des deutschen und österreichischen Kartellamts werden als reine Formsache betrachtet. Damit entsteht im deutschen Pharmagroßhandel mit knapp 30 % Marktanteil ein neuer Großanbieter neben Phönix, der ebenfalls rd. 9 Mrd. € Umsatz erzielt. Auf den weiteren Plätzen folgen die Genossenschaften Noweda und Sanacorp, sowie mit weitem Abstand Pharma Privat und AEP.

Abnehmerseite unterliegt ebenfalls Veränderungen

Auch die Abnehmerseite konsolidiert sich. Die Zahl der Apotheken in Deutschland geht nach Angaben der Bundesverei­ni­gung Deutscher Apothekerverbände immer weiter zurück. Zum 30. Juni 2020 ist sie mit 18.907 auf einen neuen Tiefstand gesunken. Die Zahl schrumpft bereits seit zwölf Jahren kontinuierlich. Grund sind unter anderem unsichere ordnungspolitische Rahmenbedingungen. Das von der Bundesregierung schon vor mehr als einem Jahr auf den Weg gebrachte „Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz“ wird aktuell im Bundestag beraten. Im Gegensatz zum Bundesrat lehnt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang ein Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rx) aufgrund rechtlicher Bedenken ab. Eine endgültige Stellungnahme der EU zu diesem Thema steht noch aus.  

Digitalisierung und Einführung des elektronischen Rezepts treibt die Branche

Im gesamten B2B-Geschäft nimmt die Relevanz digitaler Touchpoints, vor allem bei standardisierten Produkten und Beschaffungen zu. Hier ist der Pharmagroßhandel bereits gut aufgestellt, da 98 % aller Apothekenaufträge digital eingehen. Mit der verbindlichen Einführung des elektronischen Rezeptes in Deutschland Anfang 2022 kann sich der Markt aber erneut deutlich verschieben. Die Chancen für bestehende Online-Versandhändler und andere Wettbewerber wie Amazon und angeschlossene Händler steigen, sich darüber wachsende Marktanteile zu sichern. Länder wie Schweden und die Schweiz zeigen, dass die Einführung des e-Rezepts dazu geführt hat, den Anteil des Versandhandels auf 10 % des Rx-Umsatzes anzuheben. Zum Vergleich: In Deutschland werden bisher lediglich 1,4 % der rezeptpflichtigen Arzneimittel online bestellt. Die Covid-19 Pandemie hat ebenfalls dazu beigetragen, das Konsumentenverhalten in Richtung des Apothekenversandhandels zu verlagern. Die Gefahr, dass die „neuen“ Marktteilnehmer den Pharmagroßhandel teilweise durch Direktbelieferungen des Herstellers ersetzen, ist groß.

Wie für alle anderen Segmente des Großhandels gilt auch hier, dass die Geschäftsmodelle eine Existenzberechtigung haben, die ihren Kunden jenseits der reinen Handelsspannen serviceorientierte Lösungen anbieten.

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