[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 13. September 2023]

Stand und Ausbautempo der digitalen Infrastruktur im deutschen Gesundheitswesen hinken anderen Segmenten stark hinterher. Fax, Papierformular und Handakte sind immer noch gängige Praxis. Um die digitale Transformation des deutschen Gesundheitswesens voranzutreiben, hat das Bundeskabinett zum 30. August 2023 das Digital-Gesetz (DigiG) sowie das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG) beschlossen. Ziel ist die Qualitätssteigerung bei Patientenversorgung und medizinischem Fortschritt. Laut  Aussagen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach baue man in Deutschland dadurch „eine der modernsten medizinischen Digitalinfrastrukturen in Europa“ auf.

ePA, E-Rezept, DiGA und Telemedizin als zentrale Bestandteile des neuen Gesetzes

Das Gesetz umfasst unter anderem die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), die 2025 für alle gesetzlich Versicherten zur Verfügung stehen soll. Sie folgt dem Opt-Out-Gedanken: wer keine ePA nutzen möchte, muss der Einrichtung dieser Akte aktiv widersprechen. Ursprünglich geplant war deren Einführung bereits für 2015. Perspektivisch sollen im nächsten Jahr die bisher auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeicherten elektronischen Notfalldaten übertragen sowie Laborwerte gespeichert werden. Die Hoheit der Daten bleibt beim Patienten. Das Gesundheitsministerium erwartet, dass 80 % der Patienten die ePA nutzen werden. Ob sich diese Vermutung bewahrheitet, wird die Zeit zeigen.

Ein erster Bestandteil der elektronischen Patientenakte wird die digitale Medikationsübersicht sowie das E-Rezept sein. Durch den digital einsehbaren Medikationsüberblick werden die Patienten vor eventuellen Wechselwirkungen besser geschützt und die Ärzte im Behandlungsprozess unterstützt. Das E-Rezept, das am 1. Juli eingeführt wurde, soll ab 2024 verbindlicher Standard werden. Auch dieses Thema hatte eine lange Vorlaufzeit. Erste Ansätze gab es bereits 2004 unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, einen erneuten Vorstoß 2020 unter Jens Spahn. Auch das verbindlich vorgesehene Roll-out 2022 wurde erneut um nunmehr zwei Jahre verschoben.

Auch Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollen tiefer in die medizinischen Versorgungsprozesse integriert und ihr Einsatz transparent gemacht werden. DiGA bringen sicherlich innovative Therapiemöglichkeiten für Patienten. Zugelassene Anwendungen umfassen beispielsweise Übungen und Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie, vermitteln Informationen für einen gesunden Lebensstil und unterstützen bei dessen Umsetzung. Angeboten werden unter anderem virtuelle Dialoge, Online-Tagebücher, Symptom-Checks, Zugang zu täglichen Übungen oder ärztliche Betreuung über eine Nachrichtenfunktion.

Ein weiterer Aspekt des Gesetzes umfasst die Telemedizin. Videosprechstunden sollen flexibler gestaltet werden können, indem die Begrenzungen aufgehoben werden und auch die assistierende Telemedizin eingeführt wird.

Forschung und Entwicklung unterstützen

Derzeit werden in Deutschland zwar an vielen Stellen im Gesundheitssystem Daten erhoben. Diese sind allerdings für eine Weiterverwendung selten zugänglich. Dazu gehören etwa die Sekundärnutzung zu Forschungszwecken und weitere im Gemeinwohl liegende Zwecke. Das hemmt Forschung und Innovation am Standort Deutschland. Das oben erwähnte GDNG, das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten, soll künftig Forschungsdatensätze mit solchen aus der Patientenversorgung vereinen und somit die Medizin weiterentwickeln. Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) bzw. Machine Learning ist ebenfalls eng mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen verknüpft. Sie kann Ärzten bei der Diagnose und der Planung einer Therapie helfen. So können zum Beispiel medizinische Bildaufnahmen als Grundlage für KI-Prozesse ausgewertet und bei der Analyse von Krankheiten eingesetzt werden. Weiter gedacht wird sie auch im Kontext von Operationen sinnvoll eingreifen können. Hiermit sind die Medizintechnikunternehmen bereits intensiv beschäftigt.

Nebeneffekt: Entlastung des Personals

Mit einer nachhaltigen Digitalisierung tut sich Deutschland bislang sehr schwer. Dabei kann sie genauso wie das Anwenden von künstlicher Intelligenz großen Nutzen stiften und viele neue Möglichkeiten in der Gesundheitsversorgung eröffnen. Die Unterstützung und Entlastung der knappen Fachkräfte, auch durch weniger Bürokratie, wäre beispielsweise ein positiver Effekt. Die neuen, auf den Weg gebrachten Gesetze sollten nach Meinung der IKB die nötige Schubkraft auslösen, das Gesundheitswesen auf einen deutlich digitaleren Weg zu bringen.

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Sven Anders, CFA
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