[Industrials & Automotive-Information vom 26. Januar 2023]
Errichtung und Nutzung von Gebäuden sind laut UN weltweit für etwa 37 % der CO2 Emissionen verantwortlich. Im Jahr 2021 wurde der Spitzenwert von 10 Gt CO2 ausgestoßen, der um 2 % über dem vorherigen Höchstwert aus 2019 lag. Dabei wurden 9 % der Emissionen durch direkte Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden versursacht; 19 % der Emissionen entstanden indirekt bei der Erzeugung von Strom und Wärme, die in Gebäuden genutzt wurden. Die übrigen 9 % wurden im Bausektor ausgestoßen, etwa bei der Erzeugung von Baustahl oder der Herstellung von Zement, Glas, Aluminium oder Ziegelsteinen. Die CO2-Emissionen stammen also aus zwei Quellen: dem Betreiben der Gebäude und der Herstellung von Baumaterialien.
CO2 Neutralität bei Baustoffen ist herausfordernd
Die Produktion von Baustoffen ist energieintensiv. Zum Kochen von Stahl und zum Schmelzen von Glas werden große Mengen Energie eingesetzt, um Temperaturen über 1500 °C erreichen zu können. Dabei werden aus prozesstechnischen Gründen meist fossile Energieträger genutzt, wie die im Hochofen genutzte Kokskohle als auch das Erdgas für die Glaswanne, die bei der Verbrennung große Mengen CO2 freisetzen. Bei der Herstellung von Zementklinker, dem Bindemittel für Beton, wird zusätzlich zur Nutzung fossiler Brennstoffe auch prozessbedingt CO2 emittiert, was nicht durch Umstellung des Brennprozesses auf CO2-neutrale Energiequellen vermieden werden kann. Außerdem werden zur Herstellung von mineralischen Baustoffen natürlich vorkommende Rohstoffe wie Kies, Sand, Ton, Kalkstein und Gips verwendet. Diese Ressourcen sollten geschont werden. Möglichkeiten zur CO2 Reduktion und zur Ressourcenschonung sind der Einsatz erneuerbarer Energien wie grüner Wasserstoff oder grüner Strom. Dafür müssen die erforderliche Infrastruktur und ausreichend grüne Energie zur Verfügung stehen. Ein weiter Baustein, um Herstellung und Nutzung von Baumaterialien klimaverträglicher zu gestalten, ist das Recycling: der Einsatz von Recyclingmaterial schont Primärressourcen und benötigt weniger Energieeinsatz als die Herstellung neuer Materialien.
Notwendigkeit zur Reduzierung des Energieverbrauchs bietet Chance für die Bauwirtschaft
Der größere Teil des CO2 Ausstoßes in der Bau- und Gebäudewirtschaft, wird durch die Energie generiert, die in Gebäuden genutzt wird. Darunter fallen sowohl die Erzeugung von Wärme durch das Verbrennen fossiler Energieträgen als auch die Stromerzeugung. Da die Nutzung von Strom und Wärme in Gebäuden alternativlos ist, sollte möglichst zeitnah eine Umstellung auf grüne Energieträger erfolgen. Einerseits müssen dazu vonseiten der Versorger erneuerbare Energien in die Netze eingespeist werden, anderseits sollten Gebäudeeigentümer selbst aktiv werden. Insbesondere die Installation von Wärmepumpen, Solar- und Photovoltaikanlagen sind dabei relevant. Die Installationsaufträge gehen zum großen Teil an die Bauwirtschaft. Auch vorbereitende Arbeiten wie Dachsanierungen vor der Installation von Solarpanels müssen durchgeführt werden. Das größte Potenzial für Energieeinsparungen liegt aber in der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden. Ein durchschnittliches Wohngebäude in Deutschland ist ca. 50 Jahre alt, der energetische Standard ist überholt. Laut Bericht des Instituts für Wohnen und Umwelt müssten jährlich 4 % der Gebäude energetisch saniert werden, um eine Klimaneutralität des Gebäudesektors bis 2045 erreichen zu können. Die Bauwirtschaft kann dabei durch Dämmmaßnahmen, Dachsanierungen, den Austausch von Fenstern und Türen sowie den Einbau neuer Heizungen die Nachhaltigkeit im Gebäudebestand vorantreiben. Auch Sanierungsmaßnahmen, die primär der Optik und dem Komfort gelten, können nachhaltig sein. Je länger dadurch unter Umständen Wohnungen und Gebäude genutzt werden – weil sie professionell saniert wurden – desto weniger Neubauten und damit verbundene CO2 Emissionen beim Bau und der Herstellung von Baumaterialien werden benötigt.
Die CO2-Bilanz im Bau- und Gebäudesektor ist noch schlecht. Daraus ergeben sich aber auch große Potenziale für die Bauwirtschaft und die Hersteller von Baustoffen. Die Sanierung von Gebäuden sichert langfristig Aufträge. Die Herstellung von klimaneutralen Baustoffen steht noch am Anfang. Es sind große Investitionen erforderlich, um Prozesse umzustellen und gegebenenfalls CO2 abzuscheiden. Bemühungen in diese Richtung sind aber bereits in Gang. „Grüne“ Baustoffe werden in den nächsten Jahren Standard sein und Hersteller, die entsprechende Anforderungen nicht erfüllen, werden vom Markt verschwinden.
Die IKB steht Kunden mit ihrer Fördermittelexpertise und als Finanzier zur Seite, um den Wandel hin zur Klimaneutralität vollziehen zu können. Insbesondere Förderungen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Einsatz von erneuerbaren Energien sind für Baustoffhersteller relevant. Kunden aus anderen Branchen können auf Förderprogramme für das Bauen energieeffizienter Gebäude zurückgreifen. Dazu zählt etwa das Programm „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) der KfW.
Sina Lutter ist Analystin im Sektorteam Industrials, Mobility & Construction der IKB. Sie ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank und betreut schwerpunktmäßig die Baubranche und deren Zulieferer. Nach dem Master of Science in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf stieß sie 2020 zur IKB.
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