[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 21. Oktober 2020]
Der Studie „Health care climate footprint report“ zufolge verursacht der gesamte Gesundheitssektor 4,4 % der weltweiten klimarelevanten Nettoemissionen. Das entspricht 2 Gigatonnen CO2 Äquivalent/Jahr. Wäre der globale Gesundheitssektor ein Land, wäre er damit im weltweiten Ranking der Länder fünftgrößter Emittent schädlicher Klimagase. Die drei größten Emittenten USA, China und die EU stehen dabei für 56 % der Emissionen im Gesundheitswesen. In Deutschland beträgt der Anteil des Healthcare-Sektors 5,2 % der nationalen Emissionen, der EU-Durchschnitt liegt bei 4,7 %. Der Anteil des Gesundheitssektors variiert je nach Land und korreliert insbesondere mit den Ausgaben für die Gesundheitsversorgung. Durchschnittlich werden drei Viertel aller Emissionen des Gesundheitswesens im Inland erzeugt, einschließlich der Emissionen aus der Lieferkette. Ein Viertel stammt demnach außerhalb des Landes, in dem das Gesundheitsprodukt letztendlich konsumiert wird.
Medizintechnik: Ökologischer Fußabdruck stark beeinflusst durch globale Lieferkette
Die Themen Nachhaltigkeit und Lieferketten spielen auch in der deutschen Medizintechnik als wichtigem Teil des Gesundheitssektors eine immer größere Rolle. Viele Komponenten der Produkte kommen aus China, Indien oder Südafrika. Die Nachhaltigkeitsstudie „SEE-Impact-Study der deutschen MedTech-Branche“, die vor Kurzem vom Bundesverband der Medizintechnikindustrie (BVMed) vorgestellt wurde, greift diese Themen auf und erfasst weltweit zum ersten Mal nicht nur den ökologischen, sondern auch den sozialen und ökonomischen Fußabdruck der Medizintechnikbranche. Die Studie soll künftig als Grundlage für eine umfassende Nachhaltigkeitsmessung der Lieferketten anhand von wichtigen Indikatoren dienen. Dies kann sicherlich als wichtige Grundlage für das ab 2023 geltende Lieferkettengesetz dienen.
Der weltweite Treibhausgaseffekt des deutschen Medizintechnik-Sektors entsteht gemäß der Studie vor allem indirekt in der globalen Lieferkette. Berechnungen zufolge waren die wirtschaftlichen Aktivitäten der deutschen MedTech-Branche im Jahr 2020 für den Ausstoß von 8,9 Mio. t Treibhausgasen verantwortlich. 1,1 Mio. t davon entstanden direkt bei der Produktion in Deutschland, 2,2 Mio. t in der
deutschen Lieferkette. Demgegenüber stehen 5,5 Mio. t, die indirekt durch die globalen Lieferketten entstanden. Dies entspricht rd. 62 % der Gesamtemissionen der Branche. Dabei handelt es sich um die Produktion von Vor- und Fertigprodukten, aber auch um den Bezug ausgewählter Rohstoffe und Metalle, die nur in bestimmten Regionen der Erde vorkommen, was eine Reduktion des ökologischen Fußabdruckes durch Produktionsverlagerungen schwierig macht. Gemessen an den Treibhausgasen je Mio. € Output liegt die Medizintechnik – zum Teil deutlich – hinter Landwirtschaft, Textil-, Automobil- und Maschinenbauindustrie sowie dem Baugewerbe (s. Grafik).
Bei Feinstaubemissionen weist die Medtech-Branche in den globalen Lieferketten einen Wert von 93 kg Feinstaub je Mio. € Output auf. Damit rangiert sie z.B. vor der Pharmabranche mit 54 kg, aber deutlich hinter anderen Sektoren wie Maschinen- (134 kg) oder Fahrzeugbau (132 kg).
Vergleichsweise gut schlägt sich die deutsche MedTech-Branche in Deutschland beim Thema Abfall. Sie ist für knapp 1,8 Mio. t Abfall verantwortlich. Darin nicht enthalten ist jener Abfall, der sich in Folge des Verbrauchs der Endprodukte beim Kunden bildet. 82 % des Abfalls entstehen indirekt in der globalen Lieferkette, 14 % indirekt in der deutschen Lieferkette, nur 4 % direkt in der deutschen MedTech-Branche. Mit 56 t Abfall je Mio. € Output liegt die Medizintechnik im Branchenvergleich deutlich besser als z.B. Baugewerbe (123 t), Pharmaindustrie (74 t) oder Maschinenbau (67 t).
Aufmerksamkeit für ökologische Themen nimmt zu
Auch wenn die MedTech-Branche geringere ökologische Auswirkungen für sich reklamieren kann als andere Branchen, gewinnt das Thema Nachhaltigkeit bei den Unternehmen rapide an Bedeutung. Wenn sich die Situation bei den aktuellen Herausforderungen „Inflation“, „Rohstoffknappheit“, „Lieferengpässe“, „Krieg in der Ukraine“, „Fachkräfte“ sowie „Medical Device Regulation (MDR)“ beruhigt hat, werden die notwendigen Investitionen in gesundes Klima und gesunde Umwelt deutlich steigen.
Johanna Eckert-Kömen betreut als Direktorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB insbesondere Unternehmen aus den Branchen Healthcare Services, Medizintechnik, Pharma sowie Kosmetik und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes stieß sie bereits 1991 zur IKB.
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