[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 13. August 2020]

Medizintechnikunternehmen erwarten in 5 bis 7 Jahren einen Umsatzanteil digitaler Produkte und Dienstleistungen von 20 bis 30 %.  Verschiedene Trendtechnologien und Innovationen treiben diese Entwicklung.

Die zunehmende Digitalisierung bietet Vorteile für Unternehmen und Patienten

Die Branche profitiert von einem steigenden Bedarf aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung der Weltbevölkerung und des steigenden Gesundheitsbedürfnisses. Um langfristig erfolgreich zu sein, ist eine konsequente digitale Aufstellung unabdingbar, da Technologieführer und Startups mit digitalen Lösungen in den Markt eintreten und die Wettbewerbssituation verschärfen.

Digitale Angebote ermöglichen eine bessere Versorgung, beispielsweise durch Einbindung räumlich entfernter Spezialisten und das Vermeiden von Doppeluntersuchungen. Die Automatisierung repetitiver Tätigkeiten in der Administration und beschleunigte Entwicklungszeiten ermöglichen langfristig Kostensenkungspotenziale. Zudem wünschen sich viele Patienten Echtzeit-Diagnosen und -Therapien. Um den rechtlichen Rahmen zu definieren, hat der Gesetzgeber Ende 2019 das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) eingeführt. Aktuell liegt ein Gesetzentwurf für ein „Krankenhauszukunftsgesetz“ – KHZG vor. Der Bund will 3 Mrd. € aus seinem Haushalt für eine modernere und bessere Ausstattung der Krankenhäuser zur Verfügung stellen, der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der digitalen Infrastruktur. Daneben existieren diverse Fördermaßnahmen, etwa die E-Health-Initiative des Bundesgesundheitsministeriums oder das Innovationsprogramm der KfW.

Die zunehmende Digitalisierung wird von fünf Trendtechnologien getrieben

Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data beschleunigen die bildgebende Diagnostik. Umfangreiche Gesundheitsdaten stehen in Wearables und Gesundheitsapps zur Verfügung, die mithilfe von KI ausgewertet werden können. Sensoren bieten die Möglichkeit, Produkte leistungsfähiger, sicherer und benutzerfreundlicher zu gestalten. Smarte Implantate werten biochemische Parameter wie den Hirndruck aus. Neue Möglichkeiten eröffnen Sensoren, die in den Körper injiziert und dort biologisch abgebaut werden.

Individuelle Therapien und Medizinprodukte entstehen auf Basis von Patientendaten und ermöglichen einen optimalen Behandlungserfolg, beispielsweise in der Zahntechnik, bei Kronen, Brücken und Inlays. Neue Einsatzmöglichkeiten bieten 3D-Drucker, etwa bei künstlichen Organen oder Implantaten.

E-Health bietet die Möglichkeit, medizinische Leistungen aus Diagnostik, Therapie und Rehabilitation zu vernetzen. Basis dafür ist die elektronische Patientenakte, die in Deutschland ab 2021 für alle Patienten nutzbar sein soll. E-Health ermöglicht beispielsweise eine bessere Patientenversorgung auf dem Land, da Spezialisten unabhängig von ihrem Standort eingebunden werden und Patienten Telemedizin nutzen können.

Robotische Assistenzsysteme unterstützen bereits heute Chirurgen und ermöglichen eine hohe Präzision. Wachstumstreiber für chirurgische Navigationssysteme sind die zunehmende Akzeptanz minimalinvasiver Eingriffe, Kooperation und Partnerschaft zwischen den Marktteilnehmern und zunehmende orthopädische und neurologische Störungen sowie HNO-Erkrankungen.

Investitionen in Digitalisierung sind oft erheblich

Den zahlreichen Vorteilen der digitalen Angebote stehen auch einige negative Aspekte gegenüber: So besteht das Risiko der Fehlfunktion, des Hackings, der Manipulation oder Sabotage. Entsprechende Vorkehrungen sind zu treffen. In der politischen Debatte steht der Schutz der Gesundheitsdaten im Vordergrund. Den beachtlichen Kosteneinsparungspotenzialen durch Digitalisierung stehen vorgelagerte Investitionen gegenüber. Digitale Lösungen werden den Markt für Medizintechnik verändern. Er ist bereits heute für Technologieunternehmen aus anderen Branchen interessant und entsprechend umkämpft. Interessant bleibt, welche politischen Anreize in Deutschland gesetzt werden, um den Standort langfristig für innovative Unternehmen attraktiv zu gestalten.

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Dr. Klaus Bauknecht                  Volkswirtschaft

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