[Industrials & Automotive-Information vom 16. September 2020]
Seit dem globalen Ausbruch der Corona-Pandemie ist mittlerweile nahezu ein halbes Jahr vergangen, so dass eine erste Rekapitulation zulässig ist. Mit der Veröffentlichung der Konjunkturdaten für das erste Halbjahr 2020 lässt sich beurteilen, wie die verschiedenen Branchen in Deutschland bisher durch die Coronakrise gekommen sind.
Massive Herausforderungen für den Maschinenbau
Für den Maschinenbau entscheidende Bewertungsparameter sind die Auftragseingänge und die Produktionsentwicklung. Im Vergleich mit dem bereits herausfordernden Jahr 2019 zeigen sich die starken Auswirkungen der Coronakrise auf den deutschen Maschinenbau.
Die Produktion war schon Ende des Jahres 2019 rückläufig, blieb aber in den ersten beiden Monaten 2020 weitestgehend konstant. Mit der globalen Ausbreitung der Pandemie erfolgte dann aber ein massiver Einbruch, wobei der Auftragseingang prozentual stärker einbrach als die Produktion. Dies spiegelt sich in den Produktionszahlen des ersten Quartals, die sich für den Maschinenbau auf einen Wert von rund 46,6 Mrd. € summieren, was einem Rückgang von ca. 6,8 % im Vergleich zum ersten Quartal 2019 entspricht. Den Tiefpunkt erreichte die Branche im April 2020, im Mai und Juni konnten Auftragseingänge und Produktion im Vergleich zum Vormonat wieder zulegen. Trotz noch ausstehender Zahlen des statistischen Bundesamtes ist aufgrund des massiven Rückgangs der Produktion im März und April 2020 mit dem stärksten Einbruch des Maschinenbaus seit Ende der Finanzkrise zu rechnen.
Differenzierte Betrachtung lohnend
Trotz dieses Sachverhaltes ist eine genauere, sektorspezifische Betrachtung zielführend, um einerseits die Krisenrobustheit einzelner Sektoren und andererseits möglicherweise verstärkte Aufholpotenziale in den nächsten Monaten bzw. Quartalen abzuleiten. Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass die Unternehmen, die in der Produktionskette der Automobilindustrie eine hohe Relevanz besitzen, von der Coronakrise bedeutend stärker betroffen sind als die übrigen Firmen des Maschinenbaus. Produktion (Säulen) und Auftragseingang (Linien) sind in nachfolgendem Diagramm im zeitlichen Verlauf dargestellt.
Die Zahlen der sowohl stark von der Entwicklung der Automobilindustrie als auch der des gesamten Maschinenbaus abhängigen Werkzeugmaschinenhersteller bewegen sich seit März deutlich unterhalb des Branchendurchschnitts. Im Vorjahr lagen sie im Wesentlichen noch im Branchendurchschnitt. Im Gegensatz dazu zeigen die Hersteller von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen trotz eines Einbruchs zu Beginn des zweiten Quartals konstant deutlich überdurchschnittliche Werte. Der Auftragseingang liegt schon wieder oberhalb des Vorkrisenniveaus und auch der Produktionsindex zeigt vergleichbare Werte. Hierbei bleibt allerdings abzuwarten, wie nachhaltig das Wachstum ist. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die aktuell schwerer getroffenen Unternehmen in den Folgequartalen besonders starke Wachstumsraten aufweisen. So zeigte sich etwa der Auftragseingang der Werkzeugmaschinenhersteller zuletzt leicht positiver als der des gesamten Maschinenbaus.
Die Entwicklung der letzten Monate belegt, dass für Maschinenbauunternehmen eine Diversifizierung des Kundenstamms hilfreich sein kann, um gerade in Krisenzeiten die Abhängigkeit von besonders betroffenen Abnehmerbranchen zu verringern.
Dr. David Blass ist Abteilungsdirektor und Advisor im Bereich Transformation Advisory. Er ist involviert bei der strategischen Beratung unserer Kunden bei den Themen ESG und Sustainable Finance. Nach dem Studium des Maschinenbaus und der Promotion im Bereich der Produktionstechnik an der TU Braunschweig war er zuletzt für ein internationales Multi-Technologie-Unternehmen tätig, bevor er 2020 zur IKB stieß.
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