[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 16. Januar 2020]
In den vergangenen zwei Jahren konnten die Krankenhausbetreiber kein Ertragspolster anlegen und auch aktuell stehen sie vor beachtlichen strategischen Herausforderungen.
Krankenhausbarometer 2019: Wirtschaftliche Lage erneut deutlich verschlechtert
Das im Dezember 2019 veröffentlichte Krankenhausbarometer des Deutschen Krankenhaus Instituts beruht auf einer jährlich durchgeführten Repräsentativbefragung deutscher Krankenhäuser. Die Ergebnisse zeigen, dass 40 % der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten im Jahr 2018 Verluste geschrieben haben. 9 % erzielten ein ausgeglichenes, 51 % ein positives Ergebnis. Verglichen zum Vorjahr bedeutet dies eine deutliche Verschlechterung: Im Jahr 2017 wiesen 30 % ein negatives wirtschaftliches Ergebnis auf, 60 % einen Jahresüberschuss. Nicht überraschend schnitten die großen Häuser (ab 600 Betten) deutlich besser ab. Hier erzielten 53 % einen Jahresüberschuss und 33 % einen Jahresfehlbetrag. Die Gründe für die Verschlechterung sind vielfältig: Eines der größten Probleme ist die Stellenbesetzung in der Pflege. Aktuell haben drei Viertel der Krankenhäuser Probleme, offene Stellen in der Intensivpflege oder auf den Allgemeinstationen zu besetzen. Bundesweit sind rund 17.000 Pflegestellen vakant, eine Zunahme von 50 % (Intensivpflege) bzw. mehr als 200 % (Allgemeinstationen) seit 2016. In jeweils einem Drittel der Krankenhäuser mussten wegen Personalmangels Intensivbetten zeitweise gesperrt und einzelne Fachbereiche vorübergehend von der Notfallversorgung abgemeldet werden. Dies hat auch aktuell entsprechende Umsatz- und Ertragsauswirkungen.
Die Erwartungen für 2020 sind gedämpft
Nur rund ein Sechstel der Krankenhäuser (17 %) erwartet eine Verbesserung und 44 % eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation, während die übrigen in dieser Hinsicht unentschieden sind. Die Zukunftserwartungen der Kliniken fallen also insgesamt ambivalent aus. Einig sind sich die Unternehmen der Krankenhausbranche, dass die Vorgaben zu Personaluntergrenzen und die nach wie vor unzureichende Finanzierung von Investitionen durch die Länder den Sektor negativ beeinflussen. Um die Pflege im Krankenhaus zu verbessern, werden die Personalkosten für die Pflege am Bett jedes einzelnen Krankenhauses seit 1. Januar 2020 ermittelt und von den Kostenträgern finanziert. Krankenhäuser und Kostenträger vor Ort vereinbaren die Pflegepersonalausstattung als krankenhausindividuelle Kostenerstattung in Form von Pflegebudgets. Die Fallpauschalen werden im Gegenzug um diese Pflegepersonalkosten bereinigt. Ob dies vor dem Hintergrund des generellen Fachkräftemangels zu einer tatsächlichen Entlastung führen wird, bleibt abzuwarten. Auch die strengen Rechnungsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die seit 1. Januar 2020 geltende Regelung, die Strafzahlungen in Höhe von 300 € je beanstandeter Abrechnung an die Krankenkassen vorsieht, belastet. Nach wie vor ist die Zusammenlegung von kleineren Kliniken zu größeren Einheiten ein Thema. Im Sommer hatte eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung für Wirbel gesorgt. Sie kam zu dem Schluss, dass eine Verringerung der Anzahl der Kliniken von derzeit 1.400 auf 600 die Qualität der Patientenversorgung in Deutschland verbessern und Engpässe bei Ärzten und Pflegepersonal mildern würde. Die grundlegende Diskussion in Politik und Gesellschaft zwischen „Grundversorgung in der Fläche“ versus „Spezialisierung und Konzentration in Ballungsgebieten“ dauert an und wird uns noch weit über das Jahr 2020 hinaus begleiten.
Johanna Eckert-Kömen betreut als Direktorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB insbesondere Unternehmen aus den Branchen Healthcare Services, Medizintechnik, Pharma sowie Kosmetik und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes stieß sie bereits 1991 zur IKB.
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