[Kapitalmarkt-News vom 26. Juni 2023]

Fazit: Wie erwartet, hat sich das ifo Geschäftsklima aktuell spürbar eingetrübt. Vor allem die Erwartungen belasten die Stimmung vor dem Hintergrund der geldpolitischen Straffung und ihrer Folgen. Dies sollte sich in den kommenden Monaten kaum ändern. Denn alle bedeutenden Absatzmärkte der deutschen Wirtschaft spüren zunehmend konjunkturellen Gegenwind.

Doch nicht allein die Nachfrageschwäche, auch der Fachkräftemangel dämpft in Kombination mit dem Lohndruck den Gewinnausblick am Standort Deutschland. Es besteht die Gefahr, dass die Konjunktureintrübung strukturelle Wachstumshemmnisse verstärkt. Die Politik sollte deshalb mit Angebotsreformen auf die Konjunktureintrübung reagieren, um eine dynamische und nachhaltige Erholung sicherzustellen.

Die IKB erwartet einen BIP-Rückgang um -0,4 % im Jahr 2023 und ein Wachstum unter 1 % im nächsten Jahr.

Das ifo Geschäftsklima hatte es bereits im Mai angedeutet, und die Juni-Zahlen bestätigen es: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft trübt sich weiter ein. Nachfragesorgen überschatten zunehmend die Erholung der Angebotsseite aufgrund nachlassender Lieferengpässe. Deshalb hat sich die Stimmung der deutschen Unternehmen im Juni noch einmal deutlich eingetrübt. Dabei wurde die Lage zwar nur etwas schlechter beurteilt; der Index sank um 1,1 Punkte. Deutlich skeptischer blicken die Unternehmen dagegen in die Zukunft. Dieser Teilindex ist erneut deutlich gesunken – um 5 Punkte.

Die Abkühlung der Nachfrage wird auch in den kommenden Monaten die Konjunktur bestimmen. Denn alle bedeutenden Volkswirtschaften bzw. Absatzmärkte der deutschen Wirtschaft kühlen sich ab. In den USA wird die Fed voraussichtlich die Zinsen auf 5,5 % anheben, in der Euro-Zone ist ein EZB-Einlagenzins von 4 % möglich. Eine kurzfristige Wende der Zinspolitik ist also nicht zu erwarten. Vielmehr scheint sich die Zinssenkung in den USA, die bereits für das zweite Halbjahr 2023 erwartet wurde, auf frühestens Anfang 2024 verschoben zu werden. Und sie wird nur erfolgen, wenn die US-Wirtschaft überraschend deutlich in eine Rezession rutscht und sich deshalb die Inflationsentwicklung eindeutig dreht. In der Euro-Zone sind erste Zinssenkungen hingegen frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 zu erwarten. Wie in den USA, ist vor allem die Inflationsentwicklung entscheidend und nicht die konjunkturelle Lage. Da die Geldpolitik vorausschauend agieren muss, wird sicherlich auch in der Euro-Zone nur eine unerwartet deutliche konjunkturelle Eintrübung zu einer vorgezogenen Zinssenkung führen. In China besteht keine Notwendigkeit einer geldpolitischen Straffung. Stimmungsindikatoren signalisieren jedoch auch für diesen wichtigen deutschen Absatzmarkt einen verhaltenen Ausblick. Auch wenn die chinesische Fiskalpolitik genügend Handlungsspielraum besitzt, ist auch die chinesische Wirtschaft nicht immun gegen Entwicklungen in den USA und der Euro-Zone.

Eine spürbare konjunkturelle Eintrübung ist allerdings notwendig, um die Inflationsdynamik zu dämpfen. Denn nur so wird der Kostendruck – insbesondere durch Lohnsteigerungen – nicht vollständig in die finale Preisbildung übergehen. Damit dürften allerdings die Gewinnmargen vieler Branchen im Umfeld einer schwachen Nachfrage unter Druck geraten. Wenn die Löhne nicht weiter kräftig steigen, wird es sogar zu Reallohnverlusten kommen. Der Fachkräftemangel könnte allerdings dafür sorgen, dass die Margen stärker belastet werden als die Reallöhne. Die Sorgen der Unternehmen über die zukünftige Geschäftsentwicklung sind also durchaus berechtigt. Während beim Verarbeitenden Gewerbe wichtige Exportmärkte den Ausblick belasten, sind es im Dienstleistungssektor vor allem die Lohnanstiege. Neben der Nachfrage gerät am Standort Deutschland also auch die Profitabilität angesichts des Fachkräftemangels und der geldpolitischen Straffung unter Druck.

Verursacht die Rezession deshalb nicht nur eine Umleitung des Inflationsdrucks, sondern fördert auch eine Verlagerung der Produktion? Anders gefragt: Wird es trotz Fachkräftemangels eine Lohnzurückhaltung geben, oder beschleunigt die konjunkturelle Abkühlung die weitere Globalisierung der deutschen Unternehmen bzw. Investitionen? 

Volkswirte unterscheiden in ihren Einschätzungen zwischen kurzfristigen und damit konjunkturellen sowie mittelfristigen, also strukturellen Entwicklungen. Letztere sind durch die anhaltenden Diskussionen bestens bekannt: Fachkräftemangel, Investitionsstau, notwendige Transformation in Folge der Klimapolitik, aber auch außenpolitische Themen wie die wirtschaftlichen Beziehungen zu China. In den Konjunkturprognosen spielen diese strukturellen Herausforderungen eine untergeordnete Rolle, auch wenn die Konjunkturdynamik von ihnen durchaus beeinflusst wird. Dies ist zum Beispiel bei der oben genannte Lohnentwicklung im Umfeld des Fachkräftemangels ersichtlich. Somit ergibt sich die Frage: Forcieren die aktuelle Eintrübung und die geldpolitische Straffung strukturelle Veränderungen, bzw. wird die Eintrübung durch strukturelle Hindernisse verstärkt? Die Folge wären ein eher zurückhaltendes Investitionsverhalten und eine träge konjunkturelle Erholung. Die Bedeutung der aktuellen konjunkturellen Eintrübung für die Wirtschaftspolitik sollte also nicht unterschätzt werden.

Wird die Konjunktureintrübung zu einem Beschleuniger für strukturelle Veränderungen oder eher zu einem Menetekel der strukturellen Defizite? Die Antwort wird entscheidend davon abhängen, wie die Politik auf die Rezession reagiert. Ein Aussitzen bzw. Entlastungspakete sind unangebracht. Sie würden nur signalisieren, dass die Wirtschaftspolitik (wieder einmal) nur kurzfristig ausgerichtet ist und die eigentlichen Herausforderungen nicht angeht. Wünschenswert wäre hingehen alles, was der Angebotsseite der Wirtschaft hilft, die Profitabilität zu verbessern und genügend Fachkräfte zu finden. Grundsätzlich geht es darum, die Verantwortung für die Konjunktureintrübung nicht der Geldpolitik zuzuschieben, oder sie als kurzfristige Entwicklung zu sehen, sondern als Weckruf, um die Fähigkeit des Standortes Deutschland hinsichtlich Profitabilität und Wohlstand zu steigern.

Die letzten großen Reformen auf der Angebotsseite der Wirtschaft (Agenda 2010) wurden ebenfalls im Umfeld einer strauchelnden Konjunktur initiiert und umgesetzt. Zwar würden solche Maßnahmen die Konjunktur kurzfristig nicht unbedingt stützen. Allerdings würde sich die Investitionsstimmung am Standort Deutschland erheblich verbessern, was Voraussetzung für eine nachhaltige Erholungsdynamik ist.

 

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