[Kapitalmarkt-News vom 18. Dezember 2023]
Fazit: Die erneute Stimmungseintrübung der deutschen Wirtschaft sollte nicht überraschen. Eine in den nächsten Quartalen stagnierende Volkswirtschaft bleibt das wahrscheinlichste Szenario. Die IKB erwartet im Jahr 2024 ein BIP-Wachstum von um die 0 %.
In diesem Zusammenhang ist die starke Abhängigkeit der Investitionen vom BIP-Wachstum kritisch hervorzuheben. Noch immer fehlen Anreize auf der Angebotsseite, damit Investitionen zum Treiber und nicht zum Spielball der Konjunktur werden. So besteht die Gefahr, dass auch im Jahr 2024 kaum Fortschritte bei der Transformation bzw. Erneuerung des Kapitalstocks gelingen werden.
ifo Geschäftsklima erneut gesunken
Das ifo Geschäftsklima ist im Dezember gesunken. Die Hoffnung auf einen vierten Anstieg in Folge und damit eine weitere Stabilisierung bzw. leichte Erholung der Stimmung hat sich nicht erfüllt. Die aktuelle Lage sowie die Erwartungen wurden vielmehr kritischer gesehen. So hat sich die Beurteilung der aktuellen Lage von 89,4 auf 88,5 Punkte verschlechtert, während die Erwartungen von 85,2 auf 84,3 Zähler nachgegeben haben. Der ifo Index zeigt also sehr deutlich, dass jegliche Hoffnung auf eine konjunkturelle Wende im ersten Quartal 2024 unangebracht ist. Doch kritischer als die monatliche Veränderung des ifo Index ist nun schon seit Jahren ein anhaltender tendenzieller Rückgang: Immer mehr Unternehmen haben eine grundlegende skeptische Einschätzung zu ihrem Konjunkturumfeld.
Einschätzung – kein Lichtblick für Investition im Jahr 2024
Das ifo Geschäftsklima ist der treffsicherste Indikator zur BIP-Entwicklung im jeweils kommenden Quartal. Sein Informationsgehalt ist also vor allem auf den kurzfristigen Konjunkturverlauf gerichtet. Er gibt keine Hinweise zur Einschätzung der Unternehmen über den Industrie- bzw. Investitionsstandort Deutschland – zumindest nicht direkt. Dies ist auch nicht sein Ziel, schließlich ist er ein Stimmungsindikator zur aktuellen Lage bzw. zum kurzfristigen Ausblick. Daher sollten monatliche Veränderungen des ifo Geschäftsklimas nicht überbetont werden, wenn es darum geht, die grundlegende Wirtschaftspolitik aus Sicht der Unternehmen zu bewerten. Hier sind konkrete Umfragen von zum Beispiel Industrieverbänden zielführender. Und diese zeichnen nun schon länger ein klares Bild: Unternehmen halten sich mit Investition am Standort Deutschland bedeckt. Zuviel Unsicherheiten bei Konjunktur und Rahmenbedingungen belasten den mittelfristigen Ausblick und damit die Investitionen.
Eine sich aufhellende Konjunktur und ein sich damit verbesserndes ifo Geschäftsklima bleiben jedoch eine notwendige, wenn auch sicherlich nicht ausreichende Voraussetzung für eine Erholung der Investitionen. Denn Investitionen am Standort Deutschland sind in den letzten Jahren vor allem von kurzfristigem Wachstums- und damit Konjunktureinschätzungen getrieben. Dies ist eine eher enttäuschende Erkenntnis vor dem Hintergrund der notwendigen Transformation. Denn nötig wäre eine spürbar stärkere und weniger konjunkturabhängige Investitionsbereitschaft, die wiederum die Wirtschaft antreibt. Ist das Ziel eine absehbare Transformation des Kapitalstocks, sollte die Angebotsseite die Investitionen bestimmen – und weniger die Konjunkturentwicklung. Also: Die Attraktivität des Standorts Deutschland bzw. die Transformation muss im Fokus stehen und weniger die Auftragsbücher. Aktuelle Umfragen signalisieren allerdings eine Investitionszurückhaltung; eine Entwicklung, die sicherlich von den jüngsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen verstärkt wird. Die Wirtschaftsweisen schätzen das Potenzialwachstum in Deutschland für die nächsten zehn Jahre auf nur 0,4 % pro Jahr. Investitionen nur auf Grundlage der Konjunkturentwicklung werden dieses Potenzial nicht steigern können. Auch scheint das Wachstums- und damit Gewinnpotenzial am Standort Deutschland viel gering zu sein, um eine erfolgreiche Transformation der Wirtschaft in dem vorgegebenen Zeitraum zu bewältigen zu können.
Die IKB erwartet ein BIP-Wachstum von um die 0 % im Jahr 2024 und steht damit im Einklang mit vielen Prognosen für das kommende Jahr. Angesichts eines solchen Konjunkturausblicks wird es keine bedeutenden Investitionsimpulse geben. Diese Entwicklung wird durch die Politik aktuell noch verstärkt. Denn es fehlt weiterhin an einer glaubwürdigen Fiskalpolitik, die Investition in den Vordergrund stellt und überzeugend Raum für Steuerentlastungen schafft. Noch immer ist der Staat viel zu sehr mit Verteilungsthemen beschäftigt. Ein BIP-Wachstum von nur um die 0 % im kommenden Jahr stellt immerhin zumindest eine graduelle Erholung dar. Daher sollten konjunkturbedingt die privaten Ausrüstungsinvestitionen zulegen – zumindest in der zweiten Jahreshälfte 2024. Ein spürbarer Investitionsschub ist allerdings nicht zu erwarten.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen. Zudem kommentiert er regelmäßig konjunkturelle Entwicklungen in renommierten Wirtschaftsmedien und ist mit seinen pointierten Präsentationen häufiger Gast bei Verbänden und Unternehmen. Zuvor arbeitete Klaus Bauknecht in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium.
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