[Consumer & Retail-Information vom 28. Januar 2022]

Das zweite Jahr in der Corona-Pandemie liegt hinter uns und die Möbelbranche beginnt das Jahr 2022 wieder ohne die wichtige Leitmesse imm Cologne. Der Abschluss unseres Blog-Beitrags „Deutscher Möbelmarkt: Im Wechselbad der Gefühle“ vom 8. Januar 2021 lautete „Gefordert ist 2021 ein ausgesprochen flexibles Management auf Sicht … Die Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Pandemie, der Konjunktur und der Branche sind enorm.“ Wie der Geschäftsverlauf des Möbelhandels im vergangenen Jahr zeigte, lagen wir mit dieser Einschätzung richtig. Und bei einer Exportquote von rund 33 %, spielt die Entwicklung des Inlandsmarktes für die deutsche Möbelindustrie nach wie vor die entscheidende Rolle.

Durch die Belastungen der Corona-Pandemie war der Umsatzverlauf des Möbelhandels 2021 wiederholt von starker Volatilität geprägt und aufgrund hoher Vorjahresvorgaben lagen die Umsätze im zweiten Halbjahr durchgängig unter Vorjahresniveau – im November um ca. 7 %, für Dezember liegen noch keine Daten vor. Für das Gesamtjahr 2021 erwartet die IKB ein Umsatzminus von 4 bis 5 %. Darin enthalten sind auch die Online-Umsätze des stationären Möbelhandels. Deutlich steigende Online-Umsätze konnten die Rückgänge im stationären Geschäft damit nicht kompensieren. Im Segment Discount-/Mitnahme waren die Einbußen höher als im konventionellen Bereich, Spezialisten im Küchenfachhandel konnten mit Umsatzzuwächsen an das erfolgreiche Vorjahr anknüpfen. Der Online-Anteil beim Verkauf von Wohnmöbeln inkl. Küchen liegt mittlerweile bei ca. 15 %, der Bundesverband E-Commerce & Versandhandel Deutschland (BEVH) beziffert das Online-Wachstum in den einrichtungsrelevanten Segmenten „Möbel, Lampen, Dekoration“ und „Haus- & Heimtextilien“ 2021 auf +20,8 %.

Möbelindustrie mit deutlich unterschiedlicher Entwicklung in den einzelnen Sparten

Auch für die Wohnmöbel- und Küchenindustrie liegen bislang keine abschließenden Produktions- und Umsatzzahlen vor, der Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) rechnet bislang mit einem Umsatz auf dem Vorjahresniveau von 17,2 Mrd. €. Die Küchenmöbelindustrie wird u. E. durch ein starkes Auslandsgeschäft sowie ein gutes 1. Halbjahr im Inland leicht über dem Vorjahresumsatz auslaufen, deutlicher im Plus erwartet die IKB Polstermöbelhersteller (> +5 %). Insbesondere Wohn- und Schlafzimmermöbel werden hingegen ein Minus in mindestens gleicher Größenordnung hinnehmen müssen. Durch Preissteigerungen als Reaktion auf die gestiegenen Material-, Energie- und Logistikkosten in den letzten Monaten wird der Umsatz der Branche in Summe evtl. das Vorjahresniveau erreicht haben, bei der realen Produktion erwartet die IKB einen Rückgang.

Materialverfügbarkeit und -preise bleiben herausfordernd

Nach Einschätzung der IKB bleiben die Preise für wesentliche Rohstoffe, Vormaterialien und Energie 2022 auf einem im Mehrjahresvergleich hohen Niveau. Bei den Energie- und Logistikkosten wird sich die Situation frühestens im späten Jahresverlauf entspannen. Die Rekordpreise für Rohspanplatten stehen stellvertretend für die aktuelle Lage. Lieferengpässe und längere Störungen in den Lieferketten bei einzelnen Warengruppen sind nicht auszuschließen.

Sofern finanziell darstellbar, wird ein erhöhter Bestandsaufbau ein Mittel der Wahl sein, ebenso eine auf Sicherheit abgestellte Lieferantenwahl. Die zunehmende Konzentration auf Handels- und Verbundgruppenebene stellt die Möbelhersteller vor weitere Herausforderungen. Für 2022 erwartet die IKB eine Verschlechterung der Ertragslage der Branche.

Ein Aussetzen wichtiger Investitionen in die Digitalisierung der Geschäftsmodelle und nachhaltige Produktionsstrukturen ist trotzdem keine Option.

 

 

Verhaltener Optimismus für 2022: Das Glas ist halb voll

Der Auftragseingang der Möbelindustrie zum Jahresanfang ist nach IKB-Kenntnis positiv. Die Bedeutung des Themas Wohnen hat für die Konsumenten an Bedeutung gewonnen, die Wohnungsbaukonjunktur ist trotz deutlich gestiegener Baupreise intakt. Für die bedeutenden Exportmärkte überwiegen bislang ebenfalls positive Aussichten. Die hohe Inflation und z. T. deutlich steigende Möbelpreise im Handel, evtl. aber auch wieder steigende Reiseausgaben bei einem Abklingen der Pandemie belasten in diesem Jahr die Nachfrageseite. Auf der Produktionsseite bleiben Störungen der Lieferketten und die Kostensituation Herausforderungen. In Summe erwartet die IKB im laufenden Jahr ein reales Produktionsplus für die deutsche Möbelindustrie in Höhe von etwa 1 %. Wie im letzten Jahr gilt jedoch wiederum: „Die Unsicherheiten sind enorm“.  

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Sven Anders, CFA
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