[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 4. Oktober 2022]

Seit der Finanzkrise steigen die inländischen Investitionen in Sachanlagen der deutschen Chemieindustrie stetig an. Seit dem Jahr 2019 liegen die indizierten Investitionen über der BIP-pro-Kopf-Entwicklung von Deutschland, steigen also überproportional. Auffällig ist, dass die deutschen Chemieunternehmen seit dem Jahr 2012 dennoch nominal mehr im Ausland investieren als im Inland. Dieser Index (inklusive Pharmaindustrie) liegt deutlich über der BIP-pro-Kopf- und inländischen Investitionsentwicklung. Dies ist in erster Linie auf das nach wie vor starke Wachstum der Industrie in China und mittlerweile auch Südostasien zurückzuführen. Laut europäischem Branchenverband CEFIC war China im Jahr 2020 für ca. 44,6 % der weltweiten Umsätze und 47,8 % der globalen CapEx der Chemieindustrie verantwortlich.

Investitionen trotz deutlicher Hemmnisse

Die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität macht auch Investitionen im Basisgeschäft notwendig. Dementsprechend war im Jahr 2010 eine Kehrtwende zu beobachten; die Unternehmen leben nun weniger von der Bestandsmasse und investieren stärker. Laut Branchenverband VCI gingen im Jahr 2021 44 % der Investitionen in Kapazitätserweiterungen und 35 % in den Ersatz bestehender Anlagen(-teile). Seit dem Jahr 2010 übersteigen die Investitionen die Abschreibungen immer deutlicher, was ebenfalls auf Wachstum im Inland schließen lässt. Dies liegt aber auch an Investitionen der Pharmaindustrie, die bei dieser Betrachtung eingeschlossen wird. In der Chemiebranche wird der reale Kapitalstock lediglich erhalten und nicht ausgebaut. Gleichzeitig beklagt die Branche hohe Investitionshemmnisse in Deutschland. Die gewichtigsten sind hohe Kosten für Steuern, Abgaben und Baukosten, langsame Genehmigungsverfahren und hohe Energiekosten. Während auf der Kostenseite wegen geringer Rohstoffvorkommen kaum zu Nordamerika oder dem mittleren Osten aufgeschlossen werden kann, sollte auf der Genehmigungsseite eine Flexibilisierung möglich sein, insofern politisch gewollt.

Kommt der China-Exit?

Neben der Industrietransformation kann auch die globale politische Gemengelage in den kommenden Jahren eine Stütze für Inlandsinvestitionen werden. Nach dem ungebremsten chinesischen Wachstum der vergangenen Jahrzehnte berichten einige Unternehmen dort mittlerweile von unsicherer Energieversorgung, politischem Wandel weg vom reinen Wachstumspfad und Planungsschwierigkeiten. Auch unter den Blue Chips gibt es Unternehmenslenker, die sich unabhängiger von China machen möchten. Während der Hochphase der Corona-Pandemie in Europa haben Kunden Liefertreue und gleichbleibende Qualität als wichtige Stützen wahrgenommen und sind dafür bereit, einen etwas höheren Preis zu zahlen. Gleichzeitig sollten Deutschland und die EU schlankere Prozesse und bezahlbare Energiekosten unterstützen, um es den hier ansässigen Chemieunternehmen zu ermöglichen, wettbewerbsfähig zu wirtschaften.

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Sabine Steinbach 
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