Das Wachstum im Onlinehandel in Deutschland lag im vergangenen Jahr bei 23 % und fand auch im ersten Quartal 2021 mit einem Plus von 39 % seine ungebremste Fortsetzung. Insbesondere bei FMCG waren die Zuwächse überdurchschnittlich hoch, wenngleich das Umsatzniveau und die Anteile am Umsatz der Warengruppe noch vergleichsweise gering sind. Die Zeichen im E-Commerce stehen weiter auf Expansion. Die Logistik zum Konsumenten stellt hierbei eine besondere Herausforderung in der Supply Chain dar und diese wird mit dem Angebot immer kürzerer Lieferzeiten bei gleichzeitig wachsenden Sendungsvolumina steigen. Um keinen absehbaren Engpass zu produzieren, sind Investitionen in funktionierende Logistikstrukturen notwendig. Diese wiederum benötigen ein ökonomisch tragfähiges Fundament, sprich Ertrag bzw. Return on Investment.

Welche Entwicklung ist für den Onlinehandel nach der Corona-Pandemie zu erwarten und was sind die Treiber? Wie muss sich der Handel zukünftig positionieren? Erleben wir einen Logistik-Boom durch E-Commerce und was sind die wesentlichen Herausforderungen bzw. Erfolgsfaktoren in der Logistik? Diese und weitere zentrale Fragestellungen waren Thema des IKB Consumer&Retail Web-Seminars „E-Commerce & Logistik“ am
1. Juni 2021 mit Teilnehmern aus Konsumgüterindustrie, Handel und Logistikbranche.

Handel nach Covid-19 – Wohin geht die Reise?

Den ersten Impulsvortrag der Veranstaltung hielt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln zu den Perspektiven des Handels nach der Corona-Pandemie. Bereits vor Covid-19 ist das Wachstum im Onlinehandel sowohl relativ als auch absolut deutlich gestiegen, ein Umsatz von 60 Mrd. € wurde 2019 knapp verfehlt. Für das laufende Jahr wird ein Online-Marktvolumen von 85 Mrd. € prognostiziert, u.a. getrieben von der Lockdown bedingten Verschiebung der Vertriebskanäle. Online-Neulinge erkennen die diversen Vorteile von Onlinekäufen, auch unabhängig von der Corona-spezifischen Situation. Selbst bei einer Verlangsamung des Onlinewachstums ab 2022 geht das IFH Köln bis 2024 im sog. Trend-Szenario von einem Onlineumsatz i.H.v. 120 Mrd. € aus, was einem Wachstum von 11,5 % p.a. entspricht. Die Anbieterstrukturen verschieben sich nochmals: Multi-Channel-Händler gewinnen Marktanteile, Online-Marktplätze sind weiter auf dem Vormarsch und junge Konsumenten nutzen Social Media mehr und mehr als Shoppingkanal.

 

Dr. Kai Hudetz schloss seinen Vortrag zusammenfassend mit drei Aussagen:

  • Covid-19 beschleunigt den Umbruch im Handel enorm
    Die Digitalisierung wird nachhaltig beschleunigt, der Wettbewerb wird intensiver. Digitale, verzahnte Services werden zum Hygienefaktor. Kunden müssen über ihre Smartphones kanalübergreifend angesprochen werden.
  • Amazon bleibt mit seinem Ökosystem auf der Überholspur
    Der Amazon Marketplace wird für immer mehr Händler und Hersteller zu einem der wichtigsten Vertriebskanäle. Händler müssen den Amazon Marketplace mit einer klaren Strategie nutzen oder sich mit eigenen Konzepten bewusst davon abgrenzen.
  • Eine klare Positionierung des stationären Handels ist unabdingbar
    Um erfolgreich zu bleiben, ist eine stringente Markenbildung mit einem klaren Mehrwert für den Kunden zwingend erforderlich. Im Handel werden verschiedene Konzepte erfolgreich sein, wenn sie kundenzentriert sind.

Logistik-Boom durch E-Commerce und Home Delivery?

Bernd Huesch und Maximilian Huesch, geschäftsführender Partner bzw. Berater der Huesch & Partner Logistikberater, Köln beschäftigten sich in ihrem Beitrag mit den Chancen und Herausforderungen für die Logistikbranche durch den wachsenden E-Commerce- und Home Delivery-Markt. Sie griffen hierbei exemplarisch auf Geschäftsmodelle und Fragestellungen aus der FMCG- und Getränke-Logistik zurück. Auch aus Sicht von Huesch & Partner werden der Onlinehandel und insb. der Home Delivery-Markt weiter wachsen. Die entstehende Win-Win-Situation: Die Endabnehmer kaufen damit eine Alltagserleichterung, die Anbieter erhalten den Endabnehmerzugriff und damit „die Macht über die Supply Chain“. Die nachfolgende Übersicht zeigt ausgewählte Lieferdienste mit unterschiedlichem Sortiment und unterschiedlichen Aussagen zu Lieferzeiten.

Das Angebot hat in jüngster Vergangenheit stark zugenommen und damit die Wettbewerbsintensität. Die zentrale Herausforderung für die Anbieter ist die profitable Gestaltung ihrer Logistikleistungen, da der Wettbewerb insbesondere mit dem stationären Lebensmittel- und Getränkehandel nur einen limitierten Preis-abstand zulässt. Entsprechend elementar ist die detaillierte Analyse der Unternehmensprozesse sowie eine abgeleitete Deckungsbeitrags- und Prozesskostenrechnung. Nach Überzeugung von Huesch & Partner funktioniert eine konventionelle Kostenrechnung in der Logistik nicht. Da eine rentierliche Skalierung der Geschäftsmodelle nicht für alle Anbieter auf Dauer darstellbar ist, wird es zu Marktaustritten und zu einer Bereinigung der Anbieterlandschaft kommen. Die Empfehlung an die Teilnehmer am Ende des Vortrags: “Kümmern Sie sich um Ihre Supply Chain, Business Analytics, Prozesskosten und den Endabnehmerzugriff.“  

Das Fazit: Gekommen, um zu bleiben

Die kurzweiligen und informativen Beiträge der Referenten sowie die nachfolgende Diskussion zeigen, dass der Untertitel des Web-Seminars mit „neue Dynamik, neues Niveau, neue Herausforderungen“ richtig gewählt war. 

Wir können nach der Veranstaltung festhalten, dass …

  • die Zukunft digitalen Geschäftsmodellen gehört – als Online-Pure-Player oder in hybriden Formen,
  • auch bisherige „Nischen“ (Beispiel FMCG) erheblich an Dynamik gewonnen haben und es auch dort keine Rückkehr zu Verhältnissen wie vor der Corona-Pandemie kommen wird,
  • damit einhergehend die Logistik zum Endabnehmer zum zentralen Erfolgsfaktor wird,
  • der Zugriff auf den Endabnehmer von entscheidender Bedeutung für Hersteller und Handel sein wird
    (Endabnehmerzugriff = Macht über die Supply Chain),
  • die genaue Kenntnis der Prozesskosten sowie eine daraus abgeleitete Kalkulation notwendig ist, um den Logistik-Boom profitabel zu nutzen. Ansonsten skalieren mit dem Geschäftsmodell auch die Verluste,

mit dem Shift zum Onlinehandel und höheren Anforderungen an die Logistik erhöhte Investitionsbedarfe bei den Marktteilnehmern entstehen.

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