[Kapitalmarkt-News vom 26. September 2022]

Fazit: Das ifo-Geschäftsklima bestätigt aktuelle Einschätzungen: Die deutsche Wirtschaft steht vor oder befindet sich bereits in einer Rezession. Nicht nur im vierten Quartal 2022 sollte das BIP deutlich nachgeben. Auch im ersten Quartal 2023 wird ein Rückgang in der Wirtschaftsleistung immer wahrscheinlicher.

Nachfrageschwäche, Margendruck und reale Einkommensverluste werden allerdings den Inflationsdruck dämpfen, während sinkende Rohstoffpreise Deflationsimpulse liefern. Dies stärkt die Erwartung einer nachlassenden Inflationsdynamik im Jahr 2023.

Die IKB erwartet für das Jahr 2023 einen BIP-Rückgang in Deutschland von ca. 1 % und eine Inflationsrate Ende 2023 von 3 % oder knapp darunter.

Ifo-Geschäftsklima signalisiert deutlichen BIP-Rückgang in Q4 2022

Die deutsche Wirtschaft steht vor oder ist bereits in einer Rezession. Dies zeigen die aktuellen Wachstumsprognosen und Stimmungsindikatoren. Kürzlich haben bereits die Einkaufsmanager-Indikatoren eine weitere, wenn auch nicht überraschende Stimmungseintrübung signalisiert; der aussagekräftigste Frühindikator für die deutsche Wirtschaft ist jedoch das ifo Geschäftsklima. Dieses ist, wie erwartet, im September deutlich zurückgegangen. Der Index ist bei den Geschäftserwartungen von 80,3 auf 75,2 Punkte gefallen, während die aktuelle Lage von 97,5 auf 94,5 zurückgegangen ist. Insgesamt ist also ein Rückgang von 88,5 auf 84,3 Punkte zu verzeichnen. Aktuell ist das Niveau mit dem in der Finanzkrise oder dem beim Corona-Lockdown Anfang 2020 zu vergleichen. In den kommenden Monaten sollte vor allem die Beurteilung der aktuellen Lage noch schlechter werden. Doch für den Konjunkturausblick ist weniger das Niveau von Bedeutung als die Quartalsveränderung des ifo-Geschäftsklimas.

Veränderungen im ifo Index schlagen sich im BIP-Verlauf des jeweils kommenden Quartals nieder. Mit dem heutigen ifo Index für September kann somit eine erste Schätzung über den zu erwartenden BIP-Rückgang im vierten Quartal 2022 getätigt werden. Zwar bleibt der Unsicherheitsgrad hoch, doch das heutige ifo-Geschäftsklima lässt zusammen mit dem Rückgang des ifo-Index im gesamten zweiten und dritten Quartal keinen Zweifel daran aufkommen: die deutsche Wirtschaft steht vor einem nennenswerten Rückgang des BIP. In der folgenden Prognose wird zudem vorausgesetzt, dass es im Durchschnitt zu keinem weiteren Rückgang im ifo Geschäftsklima im vierten Quartal kommen wird. Dennoch wird laut ifo-Prognose auch das BIP-Wachstum im ersten Quartal 2023 belastet werden. Abb. 2 zeigt den erwarteten BIP-Wachstumsverlauf für das dritte und vierte Quartal 2022 sowie das erste Quartal 2023. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das deutsche BIP nicht nur im vierten Quartal 2022 schrumpfen wird, sondern auch im ersten Quartal 2023. Auch für das dritte Quartal 2022 ist von einem leichten Rückgang auszugehen. Basierend auf ifo Geschäftsklima und IKB-Modell könnte der BIP-Rückgang im vierten Quartal 1,5 % oder mehr zum Vorquartal ausmachen. Auch mag ein weiterer Rückgang im ifo Geschäftsklima in den verbleibenden Monaten von 2022 den Ausblick für das erste Quartal von 2023 weiter belasten. Für das Gesamtjahr 2023 hat das einen BIP-Rückgang von ca. 1 % zur Folge.

Inflationsdynamik – kurzfristig weiterer Anstieg aber deutlicher Rückgang im Jahr 2023

Der heutige weitere Rückgang im ifo Geschäftsklima-Index war nicht überraschend. Die Nachfrage lässt nach – regional wie global, der Margendruck bei den Unternehmen nimmt zu. Zwar ist ein Rückgang der Rohstoffpreise bereits angesichts der globalen Konjunktureintrübung zu erkennen. Für positive Stimmungsimpulse ist allerdings vor allem eine höhere Nachfrage erforderlich. Im Schatten weiter steigender Zinsen und anhaltender realer Einkommensverluste infolge der hohen Inflation ist dies kurzfristig eher weniger zu erwarten. Was die Inflation angeht, so stärkt die aktuelle Entwicklung jedoch die Erwartung, dass die Inflationsrate in der Euro-Zone und auch in Deutschland im kommenden Jahr spürbar nachlassen wird – nicht nur wegen der Basiseffekte. Deflationäre Impulse von den Rohstoffpreisen und eine schwache Nachfrage werden die unterliegende Inflationsdynamik drehen. Denn angesichts der aktuellen Konjunkturerwartung ist eher von realen Einkommensverlusten bei den Haushalten und Margendruck sowie geringeren Gewinnen bei den Unternehmen auszugehen als von anhaltend steigenden Preisen und Löhnen. Die aktuelle Rezession und ihre Folgen deuten zudem auf eine Inflationsrate im Jahr 2024 hin, die deutlich unter dem Inflationsziel von 2 % liegen könnte. Dies würde die Entwicklung der letzten Jahre bestätigen: die Verbraucherpreisinflation zeigt bedeutende Schwankungen bzw. Über- und Untertreibungen rund um das Inflationsziel. Kurzfristig sollte der Inflationsdruck jedoch aufgrund der Euro-Schwäche sowie der hohen Energiepreise anhalten.

Einschätzung

  • BIP-Wachstum. Die IKB erwartet ein BIP-Wachstum von 1,4 % im Jahr 2022 und -0,8 % im Jahr 2023. Der Rückgang für das gesamte Jahr 2023 beruht vor allem auf negativen Wachstumserwartungen für das vierte Quartal 2022 und das erste Quartal 2023
  • Die Inflationsrate mag im September nochmal ansteigen. Doch die Weichen für eine sinkende Inflationsrate sind gelegt: Die Rohstoffpreise geben nach, Nachfrage und Margen sind unter Druck. Die IKB erwartet für 2023 eine Inflationsrate von unter 6 %. Ende 2023 sollte sie bei unter 3 % liegen.
  • Aufgrund der konjunkturellen Entwicklung und dem realen Einkommensverlust ist mit weiteren fiskalischen Stützungsmaßnahme zu rechnen. Dies wird jedoch eine länger anhaltende geldpolitische Straffung erfordern.
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