Neuer Index und erwarteter Konjunkturverlauf
[Kapitalmarkt-News vom 24. April 2018] Der neue ifo Geschäftsklimaindex wurde in einigen essentiellen Komponenten verändert. Die wichtigste Veränderung ist, dass der Dienstleistungssektor neben dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Bauhauptgewerbe und dem Groß- und Einzelhandel in den ifo Index aufgenommen wurde. Er wurde bisher separat veröffentlicht. Auch wurde das Aggregationsverfahren leicht modifiziert und das Basisjahr für die Indexberechnung von 2005 auf 2015 angepasst. Was bedeutet das für die Entwicklung der Werte?
Der ifo Geschäftsklimaindex ist im April 2018 wie erwartet weiter zurückgegangen. Das ifo Geschäftsklima ist nach der neuen Berechnungsmethode von 103,2 Punkten im März 2018 auf 102,1 Zähler im April gesunken, der fünfte Rückgang in Folge. Erwartet worden war ein Wert von 102,8 Punkten. Dabei haben sich sowohl die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen verschlechtert. Der Index für die aktuelle Geschäftslage fiel leicht um 0,8 Punkte auf 105,7 Zähler; die Erwartungen lagen bei 106 Punkten. Trotz des abermaligen Rückgangs werten die Unternehmen ihre aktuelle Situation noch immer als gut. Der Indikator für die Geschäftsperspektiven trübte sich dagegen deutlicher ein und liegt jetzt bei 98,7 Zählern nach 100,1 Zählern im März. Die Unsicherheit über einen eskalierenden Handelsstreit mit den USA bereiten den Managern offensichtlich weiterhin Sorgen, sodass die Unternehmen verhaltener in die Zukunft blicken.
Abb. 2 zeigt den auf Grundlage des ifo Index generierten BIP-Wachstumsverlauf für das erste bzw. zweite Quartal von 2018. Auch weiterhin kann von einer Wachstumsverlangsamung ausgegangen werden. Dies gilt vor allem für das zweite Quartal. Ein weiterer Rückgang des ifo Geschäftsklimas in den kommenden Monaten könnte zudem auch den Wachstumsausblick für das dritte Quartal belasten. Zwar bleibt wegen der bereits erwarteten Wachstumsdelle im zweiten Quartal der IKB-Wachstumsausblick für das gesamte Jahr 2018 mit 2,3 % unverändert. Allerdings hat sich mit der heutigen ifo-Veröffentlichung das Risiko dieser Einschätzung erhöht.
Revision des ifo Geschäftsklimaindex: Neuer Index, alte Erkenntnis
Der ifo ist einer der bedeutendsten Indikatoren für die deutsche Wirtschaft. So hat er im Vergleich zu anderen Indikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex (PMI) eine deutlich höhere Erklärungskraft für das deutsche BIP-Wachstum. Vor allem haben empirische Analysen gezeigt, dass der ifo Index ein Frühindikator für den zukünftigen Verlauf des BIP-Wachstums ist. Der Vorlauf beträgt ein Quartal. So deutet eine Aktualisierung des ifo Geschäftsklimaindex nicht auf die aktuelle BIP-Entwicklung hin, sondern gibt eine Einschätzung über das im Folgequartal zu erwartende BIP-Wachstum. Hat die Neuauflage des ifo Index diese Einschätzung geändert?
Der alte ifo Index zeigte einen leicht positiven Trend. Die extrem hohen Werte der letzten Monate haben deshalb sicherlich zu einer Überschätzung des Wachstumsausblicks geführt. Statistische Tests bestätigen allerdings, dass auch der neue ifo Index keine stabile Zeitreihe darstellt. Wie beim alten Index ist somit eine Beurteilung der Niveaus wenig zielführend. Entscheidend ist weiterhin eher die Veränderung des ifo Index.
Es bleibt festzuhalten, dass die Aussagekraft des ifo Index Bezüglich der deutschen Konjunkturentwicklung unverändert bleibt und alle bis dato getätigten Aussagen ihre Gültigkeit behalten. Der neue ifo Index bestätigt damit weiterhin die von der IKB nun schon länger betonte Erwartung einer konjunkturellen Dämpfung im zweiten Quartal.
Fazit
Der ifo Geschäftsklimaindex wurde modifiziert. Nicht nur das Basisjahr, sondern auch die Definition bzw. Zusammensetzung wurden angepasst, was zu einer leicht veränderten Dynamik führt. Grundsätzlich bleibt die Aussagekraft des neuen ifo Geschäftsklimaindex jedoch unverändert und ist auch weiterhin einer der bedeutendsten Frühindikatoren für den deutschen Konjunkturverlauf.
Die jüngsten Werte des ifo Index bestätigen den negativen Trend der letzten Monate, was vermehrt das Konjunkturbild vor allem im zweiten Quartal 2018 belasten sollte. Die Gründe: Die Unsicherheit über die US-amerikanische Handelspolitik, aber auch eine grundsätzliche Ernüchterung gegenüber der euphorischen Stimmung zu Jahresanfang. Dennoch sollten die jüngsten Zahlen nicht zum Anlass genommen werden, eine bedeutende Abkühlung der deutschen Wirtschaft zu erwarten – auch wenn sich das Prognoserisiko mit den jüngsten ifo-Zahlen erhöht hat. Die IKB erwartet unverändert ein BIP-Wachstum von 2,3 % für 2018 und rd. 2,0 % für 2019.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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