Die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen wächst in Europa rasant und wird bis 2030 mit jährlichen Wachstumsraten von über 15 % prognostiziert. Ob der Standort Deutschland von diesem Wachstum profitieren kann, hängt stark von den gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Die Vorgaben des Energieeffizienzgesetz (EnEfG) sind eng, aber eine Prüfung der Fördermöglichkeiten im Bereich Green IT lohnt.
Das Wichtigste im Überblick:
- Steigende Nachfrage und Energieverbrauch: Die Nachfrage nach Rechenzentrumskapazität wächst stark, was den Energieverbrauch in Deutschland erheblich erhöht. Dieser könnte (je nach Prognose) bis 2030 auf bis zu 34 Mrd. kWh/Jahr steigen.
- Bedeutung des Energieeffizienzgesetzes: Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) setzt strenge Vorgaben zur Verbesserung der Energieeffizienz von Rechenzentren in Deutschland, einschließlich verbindlicher PUE- und ERF-Werte.
- Herausforderungen bei der Abwärmenutzung: Die Nutzung der Abwärme von Rechenzentren ist technisch und wirtschaftlich schwierig, besonders bei bestehenden Einrichtungen, sie erfordert den Ausbau von Infrastruktur wie Nah- und Fernwärmenetzen.
- Fördermöglichkeiten und Investitionen: Trotz der Herausforderungen durch das EnEfG bieten sich durch Fördermöglichkeiten Chancen für Investitionen in die technologische Transformation und die Energieoptimierung von Rechenzentren.
Energieoptimierung: Die steigende Nachfrage und ihre Auswirkungen
Mit der Zunahme von Homeoffice und digitalen Lösungen ist die Nachfrage nach Rechenzentrumskapazitäten weltweit exponentiell gestiegen. Seit 2010 um mehr als 90 %. Technologische Entwicklungen wie Automatisierung und die Implementierung von KI-basierten Systemen treiben die Nachfrage weiter an. In Deutschland beläuft sich der Anstieg bei den Kapazitäten der Rechenzentren (mit einer Leistung von 50 kW oder mehr) auf mehr als 70%: Im Jahr 2017 waren es 1.131 MW, in 2023 liegen wir bei über 1.955 MW – ein Wachstum, das vor allem durch den Cloud-Bereich verursacht wird. Für eine Übersicht über die Art und Leistung von Rechencenter in Deutschland siehe Abbildung 1.
Aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen im dreistelligen Millionenbereich lohnen sich besonders große Rechenzentren wie Hyperscaler oder Colocation-Rechenzentren. Sie sind entsprechend gefragt. Der Anteil der Colocation-Rechenzentren an den IT-Kapazitäten in Deutschland beträgt bereits über 70 % und soll bis 2029 von 1,3 GW auf über 3,3 GW anwachsen. Die dafür notwendigen Infrastrukturinvestitionen belaufen sich in den nächsten fünf Jahren auf über 24,7 Mrd. Euro (GDA 2024). Die Investitionspläne großer Hyperscaler wie Amazon oder Microsoft sind dabei nicht enthalten. Allein Amazon kündigt an, bis 2026 8,8 Mrd. Euro in den Ausbau der Cloud Infrastruktur in Deutschland zu investieren, Microsoft plant bis Ende 2025 Investitionen in Deutschland für Cloud Infrastruktur und KI in Höhe von 3,2 Mrd. Euro
Die steigende Nachfrage führt zwangsläufig zu einem höheren Energieverbrauch der Rechenzentren: Derzeit liegt dieser bei ca. 18 Mrd. kWh/Jahr, was circa drei Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in Deutschland entspricht.
Energieverbrauch der Rechenzentren: Prognosen für die Zukunft
Wie wird sich der Stromverbrauch in Zukunft entwickeln? Eine Studie von Borderstep in Zusammenarbeit mit Bitkom (2023) prognostiziert, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren in Deutschland bei normalem Wachstumspfad bis 2030 auf ca. 27-30 Mrd. kWh/Jahr ansteigen wird. Bei einem stärkeren Wachstum der Rechenzentrumskapazitäten könnte dieser Wert sogar auf 34 Mrd. kWh/Jahr ansteigen. Einen sinkenden Stromverbrauch gäbe es in Deutschland eigentlich nur in einem Scenario mit einer signifikanten Verlagerung von IT-Leistungen ins Ausland. Wir als IKB Sektorvertrieb halten aufgrund des gestiegenen Kapazitätsbedarfs die Wachstumsszenarien für plausibel, sollten sich die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht deutlich verschlechtern.
Energieeffizienzgesetz (EnEfG) – Was bedeutet das für den Standort Deutschland?
Deutschland hat im November 2023 die Rahmenbedingungen für die Energieeffizienz von Rechenzentren mit einer Novelle auf Basis der EU-Richtlinie EU 2023/1791 neu definiert – mit teilweise strengeren Vorgaben als die EU-Richtlinie selbst. Das Gesetz zielt darauf ab, die Energieeffizienz in Rechenzentren zu steigern, unter anderem durch die verpflichtende Nutzung der Abwärme. Allerdings fehlen in Deutschland noch flächendeckend die notwendigen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen. Besonders der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen ist erforderlich, nicht nur an den bisherigen Standorten, sondern auch in städtischen Randgebieten. Die Herausforderungen für Deutschland als zukünftigen Rechenzentrumsstandort liegen daher in den Vorgaben des EnEfG und den bereitzustellenden Energieressourcen.
Energieeffizientes Rechencenter – was heißt das?
Der Power Usage Effectiveness (PUE-Wert) misst das Verhältnis des gesamten Jahresenergiebedarfs eines Rechenzentrums im Verhältnis zum Energiebedarf der IT dieses Zentrums. Je näher der PUE-Wert an 1 liegt, desto effizienter arbeitet das Rechenzentrum. Laut Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist für bestehende Rechenzentren (Leistung > 300kW und Inbetriebnahme bis Juli 2026) ab Juli 2027 ein PUE-Wert von 1,5 verbindlich. Dieser Grenzwert sinkt ab Juli 2030 auf 1,3. Für neue Rechenzentren (Inbetriebnahme ab Juli 2026) wurde in Deutschland ein PUE-Wert von 1,2 festgelegt. Diese PUE-Werte werden in der Branche durchaus als ambitioniert bezeichnet. Im Vergleich dazu hat Frankreich für alle neuen Rechenzentren ab Juli 2026 einen PUE von 1,3 gemäß der EU-Richtlinie definiert.
Der Energy Reuse Factor (ERF) gibt den Prozentsatz der wiederverwendeten Abwärme an – je höher, desto besser. Für neue Rechenzentren schreibt das EnEfG ERF-Werte von 10 % ab dem 1. Juli 2026 und 20 % ab dem 1. Juli 2028 vor. Im Gegensatz dazu bietet die EU-Richtlinie mehr Flexibilität, indem sie Betreibern die Möglichkeit einer Kosten-Nutzen-Analyse für den ERF statt eines verpflichtenden Werts einräumt.
Energiesparmaßnahmen und Herausforderungen
Gerade bei der Erfüllung des ERF bestehen noch Hemmnisse, da die Nutzung von Abwärme auch unter optimalen Bedingungen begrenzt ist: Auch unter optimalen Bedingungen ist nur ein Bruchteil der erzeugten Abwärme nutzbar. Die Umrüstung bestehender Rechenzentren auf Abwärmenutzung ist darüber hinaus auf Grund der eingesetzten Kühltechnik oft eine wirtschaftliche und technologische Herausforderung.
Trotz dieser Herausforderungen lohnt es sich, die aktuellen Fördermöglichkeiten für die individuelle technologische Transformation von Rechenzentren in Betracht zu ziehen. Lassen Sie uns ins Gespräch kommen, um Wachstumsinvestitionen und Förderung optimal zu kombinieren. Ihre Ansprechpartner im Sektorvertrieb der IKB freuen sich auf Ihre Kontaktaufnahme.
Sabine Steinbach ist Abteilungsdirektorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB. Sie ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank in den Branchen Konsumgüter und Handel und im Speziellen für die Bereiche Logistik & E-Commerce sowie Fashion zuständig. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen und am Institut Supérieur du Commerce in Paris stieß sie 2007 zur IKB, wo sie zunächst im Bereich Leveraged Loans und später in der Marktfolge ähnliche Branchenschwerpunkte verantwortete.
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