Der Ausbau des Stromnetzes ist entscheidend für das Gelingen der Energiewende, erfordert jedoch massive Investitionen, die zu steigenden Netzentgelten und Strompreisen führen könnten. Um diese Kosten zu begrenzen, sind effiziente Finanzierungsmodelle, wie der Energiewende-Fonds und günstige Kredite durch Förderbanken wie die KfW, notwendig.

Das Wichtigste im Überblick:
- Energiewende und Stromnetzausbau: Die Energiewende kann nur durch einen beschleunigten Stromnetzausbau in Deutschland gelingen
- Investitionen der Netzbetreiber: Verteil- und Übertragungsnetzbetreiber müssen ihre Investitionen für den Net Zero Pfad vervielfachen
- Wettbewerbsfähigkeit und Netzentgelte: Die Finanzierungskosten im ohnehin kapitalintensiven Stromsystem zu senken und die Netzentgelte zu begrenzen ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Strompreise in Deutschland
- Fremdkapital für den Stromnetzausbau: Bereits heute können Teile des Stromnetzausbaus über die Bereitstellung von niedrigverzinstem Fremdkapital gefördert werden
Hoher Investitionsbedarf in den Stromnetzausbau
Die Energiewende in Deutschland kann nur Hand in Hand mit einem Ausbau des Stromnetzes gelingen. Das ist von allen Akteuren erkannt und akzeptiert. Die Integration von dezentralen und volatilen Energiequellen wie Wind- und Solarenergie erfordert erhebliche Investitionen in die Netzinfrastruktur, um eine stabile und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten. Stromnetzbetreiber stehen daher in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen.
Vervielfachung der Investitionen notwendig
Lagen die jährlichen Investitionen in den Ausbau der Übertragungsnetze in den letzten zehn Jahren bei durchschnittlich 3,8 Mrd. € pro Jahr, so muss sich dieser Wert bis 2030 auf durchschnittlich 19,2 Mrd. € vervielfachen. Auch auf Ebene der Verteilnetze müssen sich die Investitionen auf rund 16,4 Mrd. € pro Jahr erhöhen. Die steigenden Investitions- und Finanzierungskosten werden über die Netzentgelte auf die Endverbraucher umgelegt und führen unweigerlich zu steigenden Strompreisen.
Herausforderungen beim kapitalintensiven Netzausbau
Der regulatorische Rahmen wird durch den Netzentwicklungsplan (NEP) der Bundesnetzagentur vorgegeben. Um diesem Ausbauplan zu folgen und den Net Zero Pfad zu erreichen, müssen verschiedene Herausforderungen gemeistert werden.
Genehmigungsprozesse als Bremse
Zum einen muss die Ausbaugeschwindigkeit sowohl bei den Verteilnetzen als auch insbesondere bei den Übertragungsnetzen erhöht werden. Mit der aktuellen Genehmigungsgeschwindigkeit lassen sich die Ausbauziele bei weitem nicht erreichen. Insbesondere bei den Übertragungsnetzen stellen langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren oftmals eineHürde dar. Auch der aufwändige und kostenintensivere Ausbau von Erdkabeln ist in diesem Zusammenhang zu hinterfragen. Eine der größten Herausforderunge ist zudem, dass Netzbetreiber ihre Investitionen in den Ausbau vervielfachen müssen. Neben dem personellen und technischen Mehraufwand muss auch das notwendige Kapital für den Netzausbau bereitgestellt werden. Dabei ist der schmale Grat zwischen einer auskömmlichen Eigenkapitalverzinsung und der Begrenzung der Netzentgelte auszubalancieren.
Amortisationskonto als mögliche Lösung
In diesem Zusammenhang wird derzeit die Einführung eines Amortisationskontos vergleichbar zum Aufbau des Wasserstoffkernnetzes diskutiert, um die Umlage der Kosten auf die Netzentgelte über einen längeren Zeitraum zu strecken. Das Wasserstoffkernnetz, welches als nächster Schritt zur Dekarbonisierung der Energieinfrastruktur aufgebaut werden soll, wird grundsätzlich privatwirtschaftlich finanziert und vollständig über Netzentgelte finanziert. Es ist aber auch zu erwarten, dass mit steigenden Investitionen die Kreditinstitute irgendwann an ihre Grenzen stoßen und auch die Fremdkapitalzinsen mit einem wachsenden Leverage steigen werden.
Senkung der Finanzierungskosten im Stromsystem durch Förderung
Um die Finanzierungskosten im Stromsystem zu senken und einen starken Anstieg der Netzentgelte für Industrie und Verbraucher zu verhindern, ist ein kosteneffizienter Netzausbau essenziell. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich steigende Netzentgelte langfristig im Strompreis widerspiegeln und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie schwächen können.
Vorschläge für eine effizientere Finanzierung
Die Finanzierungskosten spielen aufgrund der Kapitalintensität eine entsprechend große Rolle. Es gibt beispielsweise Konzepte wie der von BDEW, VKU und Deloitte vorgeschlagenen Energiewende-Fonds, der staatliche und private Finanzmittel für Investitionen in die Energiewende mobilisiert. Am kurzen Ende bietet sich jedoch zunächst vor allem die Bereitstellung von niedrigverzinstem Fremdkapital durch Förderbanken wie die KfW an, um die Finanzierungskosten zu senken.
Bereits heute lassen sich Teile des Stromnetzausbaus über die KfW fördern. Als Experte für Infrastrukturfinanzierungen begleiten auch wir als IKB den Stromnetzausbau über die KfW.
Lennart Seeger ist Prokurist im Sektorteam Energy, Utilities & Resources der IKB. Er ist involviert in Projekt- und Unternehmensfinanzierungs- sowie Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Zu den von ihm betreuten Unternehmen gehören insbesondere Energieversorger und Stadtwerke sowie Unternehmen aus der Recyclingindustrie. Nach seinem Business Administration Studium in Düsseldorf stieß er 2021 zur IKB und absolvierte berufsbegleitend den Masterstudiengang in Finance & Accounting.
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