[Kapitalmarkt-News vom 14. September 2023]

Fazit: Die EZB hat heute die Erwartung gestärkt, dass das Inflationsziel durch ihre Politik und nicht infolge der Umstände erreicht wird. Sie hat dadurch für mehr Sicherheit gesorgt: Das im aktuellen Zinszyklus höchste Niveau scheint nun erreicht zu sein. Wie lange die Zinsen auf diesem Niveau verweilen werden, hängt jedoch stark von der weiteren Entwicklung der makroökonomischen Rahmenbedingungen und des Arbeitsmarktes ab. Angesichts einer deutlichen Konjunktureintrübung erachtet die IKB eine erste Zinssenkungen Mitte 2024 für nicht völlig ausgeschlossen.

Die EZB betont immer wieder, dass sie bezogen auf ihre geldpolitische Entscheidung datenabhängig agiert. Inzwischen ist die Datenlage jedoch ziemlich überzeugend. Die Stimmungs- und Konjunkturindikatoren deuten auf eine erkennbare Abkühlung der europäischen Wirtschaft hin, und der Rückgang der breiten Geldmenge signalisiert eine nennenswerte effektive geldpolitische Straffung. Zudem ist angesichts des langen Transmissionsmechanismus der Geldpolitik von einer weiteren Konjunktureintrübung in den kommenden Monaten auszugehen. In diesem Umfeld scheint, die Phase der offensichtlichen Notwendigkeit weiterer geldpolitischer Straffungen vorüber zu sein, weshalb im Vorfeld der heutigen Sitzung die Meinungen über die nächsten Schritte der EZB sehr unterschiedlich ausfielen.

Inflationsausblick und Risiken – hat die EZB genug getan?

Die Frage in diesem Zusammenhang ist, ob die induzierte geldpolitische Straffung ausreicht, damit die Inflationsdynamik wieder konsistent und überzeugend zum Inflationsziel verläuft. Auch wenn aktuelle realwirtschaftliche Daten auf eine spürbare Abkühlung der Euro-Zone hindeuten, bestehen nach wie vor Aufwärtsrisiken für die Inflation. Denn: Zum einen bleibt es abzuwarten, wie die Fiskalpolitik auf eine Konjunkturschwäche reagieren wird. Hier geht es darum, ob fiskalische Ausgaben Transferzahlungen beinhalten, die vor allem auf die Nachfrage wirken, oder ob sie die Angebotsseite durch Investitionsanreize stärken. Zum anderen bleiben mögliche Lohnerhöhungen im Jahr 2024 und damit Zweitrundeneffekte ein Unsicherheitsfaktor. In diesem Zusammenhang wird der Arbeitsmarkt eine zu beobachtende Größe sein. Lohnmoderation mag sich angesichts des Fachkräftemangels als schwierig herausstellen.

Bis dato erwies sich allerdings die Tariflohnentwicklung in Deutschland als moderat. Da Lohnverhandlungen jedoch von der vergangenen Inflation geprägt sind, sollte der Lohndruck im Jahr 2024 hoch bleiben. Einmalzahlungen haben sicherlich dazu beigetragen, dass sich der Inflationsdruck weniger stark auf die Tariflohnentwicklung ausgewirkt hat, als es historische Beziehungen andeuten würden. Einmalzahlungen sind aber kein Schutz vor anhaltenden Reallohnverlusten und damit vor Lohndruck, weil der reale Einkommensverlust infolge anhaltend hoher Preise ja nur temporär gedämpft wird. Da keine Deflation zu erwarten ist, werden Lohnerhöhungen ein Thema bleiben. Letztmalig sind im Jahr 2003 infolge der Rezession in Deutschland Reallöhne spürbar gesunken. Damals stieg die Arbeitslosenquote deutlich, und die Anzahl der Erwerbstätigen sank um über 1 Mio. Personen. Eine derartige Entwicklung ist aber nur vereinbar mit einer tiefen und vor allem langanhaltenden Rezession.

Für das Vorgehen der EZB bleibt somit ihre Annahme über den Lohnverlauf entscheidend, bzw. ob die Euro-Zone eine flache oder tiefe Rezession rutschen wird. Ob die EZB ein Soft-Landing der europäischen Konjunktur erreicht bzw. erreichen sollte, beruht maßgeblich auf den zukünftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Aktuell hilft die Entwicklung der Importpreise, die schon länger sinken. Ebenfalls ist ein spürbarer Rückgang der Erzeugerpreise zu erkennen. Eines scheint allerdings eindeutig: Der Fokus darf nicht auf dem Versuch eines Soft-Landing liegen. Und da der Lohndruck auch im Jahr 2024 anhalten wird, ist keine schnelle Zinswende zu erwarten. Denn hierfür müssten nicht nur die Importpreise infolge einer globalen Rezession und fallender Rohstoffpreise weiter deutlich nachlassen. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt müsste sich zudem klar verschlechtern und ein sinkendes Risiko von Zweitrundeneffekten andeuten. Dies mag eine mögliche Entwicklung darstellen. Allerdings kann die EZB die globale Konjunktur nicht beeinflussen. Sie kann nur die Nachfrage dämpfen und so Druck auf Unternehmen und den Arbeitsmarkt ausüben.

Heutige Entscheidung und Pressekonferenz

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war für die heutige Pressekonferenz der Rahmen klar gesteckt: Wenn die EZB die Zinsen nicht angehoben hätte, wäre eine klare Kommunikation der EZB nötig gewesen, um keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und Handlungsbereitschaft, das Inflationsziel zu erreichen, aufkommen zulassen. Somit war der weitere Zinsanstieg wünschenswert. Die EZB hat damit signalisiert, dass nicht die Realwirtschaft und eine sich eintrübende Konjunktur im Fokus stehen, sondern der daraus folgende Einfluss auf die Inflation. Vor allem im Kontext der Risiken bzgl. des Arbeitsmarktes und der Fiskalpolitik ist es wichtig, die Glaubwürdigkeit und Entschlossenheit der EZB zu betonen: Nicht ein Soft-Landing, sondern das Inflationsziel von 2 % steht im Fokus. Allerdings dreht sich das aktuelle Inflationsbild doch deutlich, sodass mit einem spürbaren Rückgang der Inflationsrate bis Anfang 2024 zu rechnen ist, und zwar nicht nur aufgrund von Basiseffekten.

Da ein Zinsanstieg um 25 bp im Kontext der bereits induzierten Straffung einen überschaubaren realwirtschaftlichen Einfluss hat, jedoch eine deutliche Signalwirkung bzgl. der EZB-Entschlossenheit sendet, war eine weitere Straffung heute erforderlich. Vor allem, um das lange Ende der Zinskurve bzw. Inflationserwartungen einzufangen. Denn noch immer gibt es eine Anzahl von Prognostikern, die eine mittelfristige Inflationsrate von über 2 % erwarten.

Aus dieser Sicht ist der heutige Zinsanstieg von 25 bp zu begrüßen. Mit ihm beugt die EZB auch Spekulationen über weitere Zinsschritte vor: Die „terminale rate“ scheint nun erreicht zu sein, was sich mit der Konjunktureintrübung mehr und mehr bestätigen sollte. So ist mit einer zunehmend inversen Zinskurve durch das lange Ende zu rechnen – auch getrieben durch weniger Zweifel über die EZB und das Erreichen des Inflationsziels. Die EZB verweist im Kontext der Unsicherheiten darauf, dass sie in Abhängigkeit der Daten agiert. Gerade aus diesem Grund war es heute nötig, die Zinsen anzuheben. Schließlich geht es nicht um einen gigantischen Zinsschritt ausgehend von einem hohem Zinsniveau, sondern um die Sicherstellung eines Risikoprofils, das für das Inflationsziel spricht. 

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