[Kapitalmarkt-News vom 23. August 2019]

Abwertung nur durch Kooperation und nicht durch einen Währungskrieg erreichbar

Die Diskussion um einen schwächeren US-Dollar wird anhalten. Denn die Handelspolitik der USA wird weder zu bedeutenden strukturellen Veränderungen des Handelsbilanzdefizits führen, noch Wachstumsimpulse liefern. Doch beides braucht US-Präsident Trump. Denn der 45. US-Präsident läuft Gefahr, im Wahljahr 2020 mit einer schwachen US-Konjunktur konfrontiert zu werden, die seinen Stimmungsquoten sicherlich nicht helfen würde. Bereits aktuell gibt es zunehmende Indizien für eine Abkühlung der US-Konjunktur. Damit wird der politische Druck auf die Fed bestehen bleiben, angeheizt durch Twitter-Kommentare von Trump, in denen er einen schwächeren US-Dollar fordert (s. IKB-Kapitalmarkt-News 9. Mai 2019). Auch wenn dieses Verhalten auf viel Unverständnis trifft, ist es nicht unüblich. Bereits US-Präsident Reagan hatte 1985 eine koordinierte Aktion zur Schwächung des US-Dollar forciert. Hierzu benötigte und sicherte sich die US-Regierung die Kooperation der Regierungen von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan. Der Erfolg der Abwertung war so groß, dass 1987 koordinierte Gegenmaßnahmen notwendig waren. Es war die gemeinsame Einsicht und nicht ein Alleingang oder Konfrontationskurs, die zu dieser deutlichen Devisenkursveränderung führte.

Da eine Notenbank das Monopol der Geldschöpfung hat, kann sie die eigene Währung unter Druck setzen. Wie am Beispiel der Schweiz zu sehen ist, kann jedoch ein Alleingang vor allem im Falle von kleineren Ländern bzw. bei hohem Transaktionsvolumen auf den Devisenmärkten zu einer massiven und nicht anhaltenden Aufblähung der Notenbankbilanz führen. In den 80er Jahren betrug das Devisenhandelsvolumen des US-Dollar nur ein Bruchteil des heutigen Volumens, das im Jahr 2016 täglich bei rund 4,4 Billionen US-Dollar (23,5 % des US-BIP) lag. Dennoch war bereits damals eine koordinierte Intervention notwendig. Damit ist ein Erfolg von Direktinterventionen der Notenbanken zur nachdrücklichen Schwächung der eigenen Währung trotz des Monopols der Geldschöpfung angesichts des heutigen Transaktionsvolumens und der Freiheit internationaler Kapitalbewegungen eher unwahrscheinlich. Entscheidend für einen nachhaltigen Einfluss sind heutzutage vor allem die Unterstützung privater Kapitalbewegungen und die Zinspolitik der Notenbanken. Somit ist vor allem der Zinsunterscheid für die Bestimmung des EUR/USD-Devisenkurses entscheidend.

Ein Währungskrieg würde die Devisenreserven der Notenbanken und deren Bilanzen ausweiten, an den relativen Preisen der Devisenkurse würde sich jedoch wenig ändern. Die Folgen wären primär auf den Zinsmärkten sichtbar. Dennoch birgt der Konfrontationskurs des US-Präsidenten nur ein geringes Risiko für eine US-Dollar-Abwertung – es sei denn, die US-Wachstumsaussichten würden dadurch deutlich in Mitleidenschaft gezogen und der Druck auf die Fed würde zunehmen. 

Wie konnte die chinesische Währung kürzlich im Alleingang abgewertet werden? Im historischen Verlauf war die Abwertung nicht bedeutend. Auch bleibt abzuwarten, als wie nachhaltig sie sich erweisen wird. Entscheidend ist jedoch, dass die chinesische Währung von der chinesischen Notenbank in einem stärkeren Maße beeinflusst werden kann, als dies bei anderen Währungen der Fall ist. Denn noch wird der Wert der chinesischen Währung nicht durch private Kapitalbewegungen bestimmt, sondern mit Hilfe von Kapitalkontrollen durch die Notenbank. Ein tägliches Handelsvolumen von rund 190 Mrd. US-Dollar 2016 deutet zudem auf die Möglichkeit hin, durch direkte Interventionen den Kurs beeinflussen zu können. Dies gilt vor allem, weil es sich um eine Abwertung und damit den Verkauf von Yuan durch die chinesische Notenbank handelt. So konnte sie die Währung über Jahre und trotz eines zeitweise bedeutenden Handelsbilanzüberschusses relativ schwach halten, musste dafür allerdings massive Devisenreserven aufbauen.

„Whatever it takes“ – aber nur für die Euro-Zone  

Die risikofreien Renditen in Japan, der Schweiz und der Euro-Zone sind negativ, während der Brexit den britischen Ausblick und das britische Pfund belastet. Auch aus realwirtschaftlicher Sicht gibt es aktuell wenig Alternativen zum US-Dollar. Die Nachhaltigkeit des chinesischen Wachstumsmodells steht zunehmend in Zweifel, während die Wachstums- und Schuldendynamik der Euro-Zone und Japans ohne anhaltend niedrige Zinsen nicht überzeugen können. Weder die europäische, japanische, britische, noch die chinesische Konjunktur scheinen ausreichend robust zu sein, um deutliche Zinsanstiege sowie eine nachhaltige Aufwertung ihrer Währungen zu verkraften. Auch sprechen jüngste Entwicklungen in Italien und sich erneut ausweitende Risikoprämien eher für einen schwachen Euro. Damit dürfte der US-Präsident relativ wenig Unterstützung für eine koordinierte und nennenswerte Abwertung des US-Dollar finden – zumindest bei den entscheidenden Notenbanken. Zentralbanken von Schwellenländern, die in US-Dollar verschuldet sind, mögen dies anders sehen.

Rund ¼ aller täglichen US-Dollar-Transaktionen in Höhe von 4,4 Billionen bezogen sich 2016 auf den Euro; 50 % auf Euro, Yen und Pfund zusammen (Chinas Beitrag lag bei 3,8 %). EZB, Bank of Japan und Bank of England sind für eine koordinierte US-Dollar-Veränderung demnach immer noch entscheidend. Doch gerade die EZB hat keinen Spielraum. Denn die Euro-Zone ist deutlich offener als die USA, sodass der Einfluss des Devisenkurses auf den Wachstums- und Inflationsprozess von großer Bedeutung ist. Eine Aufwertung des Euro stellt somit eine nicht triviale geldpolitische Straffung dar, die relativ schnell durch eine geldpolitische Lockerung ausgeglichen werden müsste. Nur im Fall von nachhaltigen exogenen Wachstums- und Inflationsschüben hätte die EZB Raum, eine nennenswerte Euro-Aufwertung zuzulassen. Bei einer weiterhin moderaten Geldmengenausweitung in der Euro-Zone bzw. einem nicht überzeugendem Inflationsprozess ist dies jedoch nicht der Fall. Anders ausgedrückt: Sieht sich die Fed genötigt, die Zinsen deutlich zu senken, setzt sie damit den US-Dollar unter Druck und die EZB ist dann gefordert, mit einer raschen Zinssenkung bzw. einer geldpolitischen Lockerung zu antworten.

Mit einer sich abkühlenden US-Konjunktur sollte die Fed zunehmend Raum finden, ihren Leitzins zu senken. Sie wird auch durch eine negative Zinskurve bestärkt, die einen gewissen Handlungsbedarf der Fed signalisiert. Isoliert betrachtet führt eine Senkung des US-Leitzinses zu niedrigeren US-Renditen, die wiederum deutsche Renditen unter Druck setzen. Dennoch, historisch gesehen hat eine US-Leitzinssenkung immer zu einer Einengung des Langfristzinsdifferenzials geführt, die den US-Dollar unter Abwertungsdruck setzt. Allerdings hat die Negativzinspolitik der EZB sowie ihre Bereitschaft, neue geldpolitische Wege zu gehen, dazu geführt, dass die 0 %-Untergrenze für Bundrenditen keine feste Barriere mehr darstellt und sich das Zinsdifferenzial somit nicht wie früher durch US-Zinssenkungen relativ schnell schließen lässt. Insbesondere seit dem Ausbruch der europäischen Staatsschuldenkrise und Draghis Versprechen im Juli 2012, alles zu tun, um den Euro zu erhalten, hat sich die europäische Geldpolitik von den USA entkoppelt und zu einem grundsätzlich weiteren Zinsdifferenzial geführt – und damit zu einem schwächeren Euro. Dies hat jedoch weniger mit dem expliziten Bestreben der EZB zu tun, den Euro künstlich schwach zu halten. Es geht eher darum, die Geldpolitik angesichts hoher Schuldenquoten sowie schwachen BIP- und Geldmengenwachstums ausreichend expansiv zu gestalten. Dass ein schwacher Euro aufgrund des hohen Offenheitsgrads hierbei hilft, ist unbestritten.   

Ausblick EUR/USD-Kurs – trotz viel Lärm von Trump nur moderate Abwertung  

Gemäß IKB-Schätzungen würde sich eine Aufwertung des Euro auf über EUR/USD 1,40 erst bei einer Schließung des aktuellen Zinsdifferenzials von 230 bp ergeben. Hierfür wäre allerdings eine drastische Eintrübung der US-Konjunktur in Kombination mit einem relativ stabilen europäischen Ausblick erforderlich. Aus europäischer Sicht ist solche eine Entwicklung jedoch selbst mittelfristig eher unwahrscheinlich, da die Schulden-, Wachstum- und Geldmengendynamik der EZB keinen Raum für die dafür notwendigen Zinsanstiege gibt.

Die EZB mag in Folge der anhaltend schwachen Euro-Konjunktur bereits im September genötigt sein, den Einlagenzinssatz weiter zu senken. Allerdings haben die Märkte aktuell bereits einiges an geldpolitischer Lockerung antizipiert. Vor allem bei der aktuellen Bundrendite von -0,6 % ist eine Reduzierung des Zinsdifferenzials durch korrigierende deutsche Renditen nicht auszuschließen. Grundsätzlich deutet auch eine höhere US-Inflation isoliert betrachtet auf einen gewissen Abwertungstrend des US-Dollar gegenüber dem Euro hin. Insgesamt bestehen somit durchaus Argumente für einen moderat schwächeren US-Dollar. Das Abwertungspotenzial gegenüber dem Euro bleibt aber begrenzt und reicht sicherlich nicht aus, um nennenswerte Fortschritte in der Reduzierung des strukturellen US-Handelsbilanzdefizits sicherzustellen – vor allem bis zu den nächsten US-Wahlen im November 2020.

Fazit:

Bei nachlassender US-Konjunktur und angesichts der in 2020 bevorstehenden Präsidentschafts-Wahlen wird Trump zunehmend auf die Notwendigkeit eines schwachen US-Dollar verweisen. Eine US-Dollar-Abwertung wäre allerdings eher durch Kooperation der Fed mit anderen Notenbanken und insbesondere mit koordinierter Zinspolitik der Notenbanken zu erreichen als durch Konfrontation. Wichtige Notenbanken – allen voran die EZB – haben jedoch angesichts herausfordernder wirtschaftlicher Parameter wenig Spielraum. Insbesondere seit der Euro-Krise verfolgt die EZB eine Geldpolitik, die das Zinsdifferenzial zu den USA strukturell ausgeweitet hat und der Euro-Zone dadurch notwendige Wachstumsimpulse liefert. Ausgangspunkt war Draghis Versprechen von 2012, alles zu tun, um den Euro zu erhalten. Eine sich abkühlende US-Konjunktur wird das Zinsdifferenzial deshalb nur begrenzt einengen, was dem Euro nur moderaten Auftrieb gegenüber dem US-Dollar geben sollte. Die IKB erwartet Ende 2020 einen EUR/USD von rund 1,24.

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