[Energiesektor-Radar – Ausgabe 07/2019] Neben den anhaltenden energiepolitischen Diskussionen beschäftigt sich diese Ausgabe mit dem Spezialthema Power-to-Gas und Analysen zu Branchen-Bewertungen, Kapitalmärkten und M&A-Transaktionen.
1. Branchentwicklungen
- Mit dem „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ konnten im 1. Halbjahr 2019 erste Empfehlungen der Kohle-Kommission umgesetzt werden, die ihren Abschlussbericht Anfang des Jahres vorgelegt hat.
- Für die im Energiesammelgesetz beschlossene Verlängerung der KWK-Förderung bis 2025 wurde das Notifizierungsverfahren ausgesetzt. Dies führt zu Verzögerungen bei Investitionsentscheidungen.
- Vorschläge zur CO2-Bepreisung sind derzeit in der Diskussion. Unter anderem wird empfohlen, die Umlagen nach EEG und KWKG durch eine aufkommensneutrale CO2-Bepreisung zu ersetzen. Ein Vorschlag seitens der Bundesregierung wird gegen Ende des dritten Quartals erwartet.
- Weiterhin wurde mit dem Inkrafttreten eines Gesetzes zum Netzausbau ein weiterer Schritt bei der Umsetzung der Energiewende gemacht.
2. Branchen-Bewertung
- Die IKB-Peer-Gruppe, bestehend aus börsennotierten Energieversorgungsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH), wird im Durchschnitt mit 12,4x EBITDA 2019E bewertet. Die Bewertungsbandbreite erstreckt sich von 8,5x bis 27,8x EBITDA 2019E.
- Die weite Bewertungsbandbreite und der starke Anstieg der durchschnittlichen Bewertung resultieren insbesondere aus Sondersituationen bei einigen der Versorgungsunternehmen sowie einem annähernd branchenweiten Anstieg von Marktkapitalisierung und Nettoverschuldung.
- Für die höhere Nettoverschuldung sind neben den Sondersituationen bei vielen Unternehmen gestiegene Pensionsrückstellungen und Änderungen in der Rechnungslegung mitverantwortlich.
3. Fremdkapital-Märkte
- Aufkommende Konjunktursorgen haben europäische Kapitalmarktrenditen erneut unter Druck gesetzt und die EZB genötigt, weitere Stimulierungsmaßnahmen in Aussicht zu stellen. Auch US-Renditen sind als Folge eines schwächeren Wirtschaftsausblicks und erwarteter Fed-Zinssenkungen gesunken und haben sich von ihrem Hoch klar verabschiedet.
- Der Schuldscheinmarkt ist im Jahr 2019 bisher sehr aktiv, sodass bereits Transaktionen mit einem gesamten Zielvolumen von 8,5 Mrd. € breit vermarktet (etwa 70 Transaktionen) wurden. Auch wenn rund ein Drittel der Deals noch in der Vermarktung steckt, erreichte das platzierte Volumen in den bereits geschlossenen Platzierungen 10,3 Mrd. €.
- Die Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands als 2050-Ziel der Bundesregierung erfordert energieeffizientere Gebäude und einen höheren Anteil an Erneuerbaren Energien am Wärmeverbrauch, da Gebäude rund ein Drittel der CO2-Emissionen verursachen.
4. M&A-Transaktion
- Mit rund 120 M&A-Transaktionen in der Energiebranche befand sich der M&A-Markt im 1. Halbjahr 2019 nur leicht unterhalb des vorherigen Halbjahres. Neben Portfoliobereinigungen und dem Ausbau der Erneuerbaren-Aktivitäten nimmt das Interesse an Dienstleistungs- und Start-up-Unternehmen im energienahen Umfeld weiterhin zu.
- M&A-Aktivitäten bei Erneuerbaren Energien werden weiterhin von On- und Offshore-Wind-Transaktionen mit der größten Anzahl an Projekten dominiert. Allerdings gewinnt der PV-Sektor wieder an zunehmender Beachtung.
- Die für 2019 angekündigten größeren Transaktionen konnten zum Teil bereits umgesetzt werden. EWE hat ihre Türkei-Aktivitäten an den aserbaidschanischen Staatskonzern Socar veräußert, und der französische Energiekonzern ENGIE hat den Kohleausstieg in Deutschland vollzogen. Unipers Verkauf der Frankreich-Aktivitäten an die tschechische EPH ist bereits von der EU-Kommission befürwortet, unterliegt aber noch weiteren Genehmigungen. Für STEAG und EWE wird jeweils ein neuer Mitgesellschafter gesucht. Die Privatisierung des niederländischen Energieversorgers Eneco läuft.
Bernd Rupieper ist Leiter der Industriegruppen. Mit seinen Sektorspezialisten/-teams betreut er Unternehmen aus den Kernbranchen Industrials & Automotive, Healthcare, Pharma & Chemicals, Consumer & Retail sowie Energy & Utilities, die in allen wichtigen Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank involviert sind. Nach seinem Elektrotechnikstudium arbeitete er rd. 10 Jahre im Kraftwerksanlagenbau der Siemens AG, daneben studierte er Wirtschaftsingenieurwesen. 1999 stieß er dann zur IKB, wo er die ersten 10 Jahre in der strukturierten Finanzierung das Energieportfolio der IKB aufbaute. Die Energiewirtschaft ist nunmehr seit 30 Jahren seine fachliche Domäne.
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