[Consumer & Retail-Information vom 18. März 2021]
Das Jahr 2020 war für die Do-It-Yourself-Branche (DIY) ein außergewöhnlich gutes Jahr. Grund dafür war vor allem eine Verschiebung der Ausgabenstruktur der Verbraucher, die aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens auf Reisen, Restaurantbesuche und andere Freizeitaktivitäten verzichten mussten. Hinzu kam, dass das eigene Zuhause über einen längeren Zeitraum nicht nur zum Arbeitsplatz, sondern auch zur Schule und Kita wurde und somit mehr denn je in den Mittelpunkt des Lebens gerückt ist. Von erheblichem Vorteil war zudem, dass Bau-, Garten- und Heimwerkermärkte in den meisten Bundesländern im ersten Lockdown durchgehend geöffnet bleiben durften. Dies führte zu deutlich gestiegenen Umsätzen, wie die folgende Grafik zeigt. Insbesondere in den Monaten März bis Juni lagen diese deutlich über den Vorjahreswerten und auch im weiteren Jahresverlauf konnten in jedem Monat Umsätze über dem Vorjahresniveau generiert werden. Das deutliche Abfallen am Jahresende spiegelt den harten Lockdown ab dem 13. Dezember 2020.
Zahlen für die ersten neun Monate des vergangenen Jahres des Handelsverbands Heimwerken, Bauen und Garten (BHB) zeigen, dass bis auf eine Warengruppe – der Bereich Automotive u.a. Autozubehör und Anhänger – alle zulegen konnten. Farben / Malerzubehör mit ca. +29 %, Gartenausstattung mit ca. +26 %, mit Holz ca. +26 %, Gartenmöbel mit ca. +25 % und Werkzeuge mit ca. +22 % verzeichneten die höchsten Zuwächse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Umsatzplus der Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland betrug von Januar bis September insgesamt 15 %, was einem Umsatz von 17,3 Mrd. € entspricht. Im bereits gut gelaufenem Jahr 2019 lag der Umsatz in diesem Zeitraum bei 15,1 Mrd. € (+ 4,5 % ggü. 2018), bis zum Jahresende schloss das Jahr 2019 mit einem Umsatz von knapp 20 Mrd. € ab.
Trotz schlechtem Start grundsätzlich gute Voraussetzungen auch in diesem Jahr
Das Jahr 2021 ist für die DIY-Branche denkbar ungünstig gestartet. Im Gegensatz zum 1. Lockdown im Frühjahr 2020 wurde der Branche die Systemrelevanz abgesprochen, sodass ab dem 13. Dezember auch Bau- und Gartenfachmärkte für den Konsumenten schließen mussten. Auch wenn die Schließung für die Branche schmerzhaft ist, steht sie im Vergleich zu anderen Einzelhandelsbereichen dennoch gut da, da die Branche nicht mit einem hohen Lagerbestand bzw. mit der Problematik der Saisonware zu kämpfen hat und entsprechend weniger Liquiditätsprobleme bestehen. Dennoch ist für die Branche erfreulich, dass trotz der beschlossenen Verlängerung des aktuellen Lockdowns bis zum 28. März 2021 Bau- und Gartenfachmärkte ab dem 8. März bundesweit grundsätzlich wieder öffnen durften. Voraussetzungen sind entsprechende Hygienekonzepte sowie eine Obergrenze von einem Kunden pro 20 Quadratmeter Geschäftsfläche. Auch wenn die aktuelle Lage in den Bundesländern unübersichtlich ist – die Öffnungen orientieren sich am aktuellen Infektionsgeschehen – kommt die Entscheidung mit Blick auf die Saisonalität zum richtigen Zeitpunkt, denn die Branche erzielt in den Monaten März bis Mai rund 30 % des Jahresumsatzes.
Trotz guter und steigender Online-Umsätze sowie der erfolgreichen Umsetzung des Click and Collect-Dienstes sind die Öffnungen der Märkte Grundlage für einen erfolgreichen Geschäftsverlauf im Jahr 2021. Wie schon im letzten Jahr könnten die Begleitumstände förderlich für die DIY-Branche sein:
- Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es unwahrscheinlich, dass zu Ostern oder im Sommer Urlaube in gewohntem Maß stattfinden können. Das bedeutet, auch 2021 wird entsprechend Budget für Renovierungs- oder Verschönerungsarbeiten zur Verfügung stehen.
- Wurden im letzten Jahr oftmals Notlösungen für das Homeoffice gesucht, müssen nun nachhaltige Lösungen gefunden werden. Auch in Zukunft werden viele Arbeitnehmer deutlich häufiger von Zuhause aus arbeiten, sodass entsprechend Raum geschaffen werden muss. Durch Beratung im Heimwerkemarkt oder Zuschaltung eines Mitarbeiters per Videotelefonie können Heimwerker clevere Raumlösungen oder kleinere Umbauarbeiten selber übernehmen, was die Nachfrage anregt.
- Neben Corona-bedingten Trends sind die grundsätzlichen Treiber der Branche weiter in Takt. Der Wohntrend unter dem Schlagwort „Cocooning“ hat weiter Bestand, und auch der Wohnungsneubau zeigt sich krisenfest.
Wachstum ist nicht zu erwarten, stabile Entwicklung wäre bereits ein großer Erfolg
Das Jahr 2020 war für die DIY-Branche ein sehr erfolgreiches Jahr. Die noch geltenden eingeschränkten Möglichkeiten setzen gute Rahmenbedingungen auch für das Jahr 2021, für das jedoch keine weiteren Umsatzzuwächse zu erwarten sind. Vielmehr muss aufgrund von Basiseffekten – starkes Wachstum ab April 2020 – mit Umsatzrückgängen gerechnet werden. Sollte die DIY-Branche das Jahr 2021 mit einer stabilen Umsatzentwicklung bzw. einem leichten Minus abschließen, wäre dies aufgrund des Umsatzniveaus ein großer Erfolg, das zudem über dem guten Umsatzniveau des Jahres 2019 läge.
Daniel Schönekäs ist Abteilungsdirektor im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB. Er ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank in den Branchen Konsumgüter und Handel und im Speziellen für die Bereiche Holzwirtschaft, Papier & Verpackungen zuständig. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Leipzig stieß er 2014 zur IKB, wo er seine ersten Berufsjahre in der volkswirtschaftlichen Abteilung absolvierte.
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