Daten und Umfeld signalisieren anziehende Konjunkturdynamik
[Kapitalmarkt-News vom 24. Juli 2018]Die Daten bestätigen zunehmend eine erneute Erholung bzw. Stabilisierung der deutschen Wirtschaftsdynamik. So überraschte die Industrieproduktion im Juni nach mehreren schwachen Monaten positiv, und die Auftragseingänge sowie die globale Wachstumsdynamik lassen auf weitere Impulse für die Industrieproduktion schließen. Auch die globale Industrieproduktion scheint wieder an Dynamik zuzulegen, ausgehend von relativ hohen Niveaus. In Folge dessen zeigt auch der Welthandel erneut einen Aufwärtstrend, während Indikatoren aus den USA und China die grundsätzlichen positiven Wachstumseinschätzungen für diese Länder bestätigen. Damit festigt sich die Beurteilung, dass der wirtschaftliche Verlauf des ersten Quartals in Deutschland und der Euro-Zone als Verschnaufpause einzuschätzen ist und nicht als konjunktureller Einbruch. Jüngste Einkaufsmanager-Indizes für Deutschland und hier insbesondere deutlich verbesserte Werte für das Verarbeitende Gewerbe im Mai bestätigen ebenfalls diese Einschätzung.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen hellt sich der Ausblick für das deutsche BIP-Wachstum im zweiten Quartal weiter auf. War das Exportwachstum im ersten Quartal negativ, sollte es sich aktuell aufgrund der günstigen globalen Entwicklungen verbessern. Ob dies schon im zweiten Quartal zum Tragen kommt, bleibt allerdings abzuwarten. Das Umfeld für Ausrüstungs- und Bauinvestitionen bleibt grundsätzlich positiv, während der private Konsum aufgrund der anhaltend guten Verbraucherstimmung und realer Lohnerhöhungen ein stabiles Wachstum zeigen sollte. Damit scheint realistisch, im zweiten Quartal ein BIP-Wachstum marginal über dem des Vorquartals (0,3 %) zu erwarten. Konjunkturdaten deuten allerdings daraufhin, dass sich eine überzeugende deutsche Wachstumsbeschleunigung erst in der zweiten Jahreshälfte von 2018 abzeichnen könnte. Dabei bleibt die Unsicherheit über die weitere US-Handelspolitik ein wichtiger Treiber der Unternehmensstimmung und könnte das Investitionsverhalten negativ beeinflussen, denn die potenzielle Gefahr eines zunehmenden Protektionismus ist nicht zu banalisieren. Ein globaler Handelskrieg ist nicht zu erwarten, sondern eher eine mögliche Eskalation mit einem Handelspartner – den USA. Sollten sich die Beziehungen in Folge aufbauender Drohungen und Zölle weiter verschlechtern, würde dies das deutsche Verarbeitende Gewerbe, das besonders von der globalen Wirtschaft abhängig ist, treffen. IKB-Schätzungen zeigen, dass sich die Entwicklung der deutschen Branchen für 2018 und 2019 durch eine derartige Entwicklung nicht grundsätzlich ändern sollte, auch wenn in einem Worst-Case-Szenario durchaus mit Wachstumseinbußen zu rechnen wäre (siehe IKB-Kapitalmarkt-News 24. Juli 2018). Das aktuelle ifo Geschäftsklima für Juli bestätigt, dass die u. a. durch den Handelskonflikt mit den USA induzierte Unsicherheit die Erwartungen der Unternehmer belastet. So haben sich die Geschäftsperspektiven der Unternehmen eingetrübt; der Index verschlechterte sich um 0,4 auf 98,2 Punkte. Allerdings hat sich die Einschätzung zur aktuellen Lage verbessert, was konsistent mit anderen Indikatoren und Konjunkturdaten ist. Dieser Teil-Index stieg um 0,2 auf 105,3 Zähler. Insgesamt hat sich damit das Geschäftsklima zwar minimal um 0,1 auf 101,7 Punkte verringert, aber im Trend zeigt sich eine Stabilisierung des Indikators nach den starken Rückgängen im Winter 2017/18.
Einschätzung und Prognose für den BIP-Wachstumsverlauf
Unter allen Frühindikatoren erlaubt vor allem das ifo Geschäftsklima eine belastbare kurzfristige Prognose für den deutschen Wachstumsverlauf. Der ifo-Index für Juli gibt eine erste Indikation über die BIP-Entwicklung im vierten Quartal. Allerdings benötigt es weitere Annahmen, um den ifo-Index für das dritte Quartal zu berechnen. Die Prognose für den Wachstumsverlauf des vierten Quartals birgt deshalb ein hohes Prognoserisiko. Angesichts des gesamtwirtschaftlichen Umfelds geht die IKB von einer weiteren Stabilisierung bzw. leichten Erholung des ifo Geschäftsklimas im August und September aus. Abb. 3 zeigt auf dieser Grundlage die zu erwartende BIP-Wachstumsspanne. Wie bisher, erwartet die IKB für das dritte Vierteljahr eine Wachstumsbeschleunigung, während die Dynamik für das zweite Quartal auf Basis der ifo-Werte doch eher verhalten verlaufen sein sollte. Dennoch kann – wie erläutert – auch hier von einer geringen Wachstumsbeschleunigung ausgegangen werden. Der Erklärungsbeitrag des ifo-Index ergibt sich aus seiner Veränderung, nicht aus dem absoluten Niveau. Daher ist ein erneuter Anstieg des ifo Index in den kommenden Monaten notwendig, um die Erwartung einer Wachstumsbeschleunigung zu bestätigen. Mit nur moderaten monatlichen Verbesserungen ist nicht auszuschließen, dass der durchschnittliche Index des dritten Quartals im Vergleich zum Vorquartal sinkt, wenn auch nur geringfügig – das wäre der dritte Quartalsrückgang in Folge. Der BIP-Wachstumsausblick bleibt deshalb für das Abschlussquartal 2018 mit einem erhöhten Prognoserisiko behaftet. Es besteht jedoch keine zunehmende Gefahr eines Konjunktureinbruch, lediglich die Höhe des positiven Wachstumsverlaufs ist unsicher.
Fazit
Realwirtschaftliche Daten von Industrieproduktion und Welthandel signalisieren wieder positive Impulse für die globale und deutsche Konjunktur nach einer Verschnaufpause in den ersten Monaten 2018. Die US-Handelspolitik hingegen belastet den Ausblick und damit die Stimmung der Unternehmen, was perspektivisch die Investitionsdynamik treffen könnte. Diese divergierenden Entwicklungen spiegeln sich in den unterschiedlichen Komponenten des ifo Geschäftsklimas für Juli 2018. Das Prognoserisiko für das deutsch BIP-Wachstum hat sich somit trotz der verbesserten aktuellen Lage noch nicht nennenswert reduziert. Die IKB erwartet für die deutsche Wirtschaft weiterhin ein BIP-Wachstum von um oder knapp unter 2 % für 2018.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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