[Kapitalmarkt-News vom 24. Juni 2019]
ifo Geschäftsklima erneut eingetrübt
Das ifo Geschäftsklima hat sich im Juni weiter eingetrübt. Der Index sank um 0,5 Zähler auf 97,4 Punkte. Angesichts des deutlichen Dämpfers im Vormonat (-1,4 Zähler) ist dies als Stimmungsstabilisierung zu werten. Dabei schätzten die Unternehmen die aktuelle Lage etwas besser ein. Der Index verbesserte sich um 0,1 Punkte. Die Geschäftsperspektiven fielen dagegen wieder pessimistischer aus. Dieser Index, der sich im Mai stabilisiert hatte, fiel klar um einen Zähler. Der anhaltende Zollkonflikt, die Gefahr eines harten Brexit sowie wachsende Spannungen zwischen den USA und dem Iran dürften zur Verunsicherung beigetragen haben.
Der ifo Index ist ein Frühindikator für das BIP-Wachstum mit einem Vorlauf von einem Quartal. Mit den vorliegenden Zahlen liegen nun die Werte für das zweite Vierteljahr vollständig vor, und diese deuten auf eine Stabilisierung im dritten Quartal hin – mehr allerdings nicht. Zusammen mit dem recht deutlichen Plus der Auftragseingänge im April und des stärker als erwartet ausgefallenen deutschen Einkaufsmanagerindex für den Juni zeichnet sich zumindest eine gewisse Bodenbildung für die deutsche Konjunktur ab. Dennoch bleiben die nächsten Monate herausfordernd.
Seit Herbst 2018 bewegen sich die Stimmungsindikatoren in der Tendenz nach unten, dennoch fiel das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal mit 0,4 % zum Vorquartal robust aus. Die deutsche Wirtschaft zeigte sich widerstandsfähig gegenüber Handelsstreitigkeiten und der Gefahr eines harten Brexit und setzte ihre solide Dynamik aus dem Vorjahr fort. Die Konjunkturlage war besser als die Stimmung; doch die Entwicklung verlief zweigeteilt, und das bereitete zunehmend Sorgen: Die binnenwirtschaftlich orientierten Sektoren – Bau und Einzelhandel – hielten ihren Wachstumskurs, die exportorientierte Industrie lieferte hingegen keine Impulse. Auch verliefen die Ausfuhren schwächer als die Importe.
April-Daten signalisieren schwaches zweites Quartal …
Zu Anfang des zweiten Quartals (aktuellere Daten liegen nicht vor) zeigten sich dann im April deutliche Dämpfer, weil nun auch der Einzelhandel und der Bau schwache Monatszahlen lieferten. In der Bauindustrie resultierte das Minus aufgrund der witterungsbedingt starken Vormonate. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Baukonjunktur in Deutschland aufgrund des günstigen Umfelds kräftig bleibt. Dennoch, die negativen Zahlen zu Anfang des zweiten Quartals sind real, und trotz des anhaltend guten binnenwirtschaftlichen Umfelds müssen die Konjunkturdaten das Minus aus April erst einmal wieder aufholen, damit gesamtwirtschaftlich ein Quartalswachstums generiert werden kann. Von daher ist davon auszugehen, dass das BIP-Wachstum im zweiten Quartal 2019 schwach verlaufen ist, sogar ein leichter BIP-Rückgang ist auf Basis der bisherigen Monatszahlen nicht auszuschließen.
… und im dritten Quartal dürfte die Dynamik weiter verhalten ausfallen
Infolge dieser Entwicklungen haben viele Institute die BIP-Prognosen für die deutsche Wirtschaft für das laufende Jahr gesenkt. so auch die deutsche Bundesbank. Sie revidierte ihre Prognose von 1,6 % im Dezember 2018 relativ deutlich auf 0,6 % im Juni 2019. Dabei unterstellt sie einen leichten BIP-Rückgang im zweiten Vierteljahr; im Sommer sollte dann nur eine moderate Belebung erfolgen. Danach dürfte die deutsche Wirtschaft wieder kräftiger zulegen. Ein länger anhaltender, deutlicher Rückgang der Wirtschaftsleistung wird als wenig wahrscheinlich erachtet. Dieser BIP-Verlauf wird in der Tendenz von vielen Prognostikern erwartet, so auch von der IKB. Allerdings hält die IKB nach wie vor ein geringfügiges Plus im zweiten Quartal für möglich. Das heute veröffentlichte ifo Geschäftsklima signalisiert für das dritte Quartal eine Stabilisierung, allerdings keine spürbare Belebung. Die Schwächephase sollte vorübergehen, aber sie könnte länger anhalten als bisher vielfach erwartet wurde. Für das Gesamtjahr geht die IKB aktuell von einem BIP-Wachstum von 0,9 % aus.
Fazit
Das ifo Geschäftsklima hat sich im Juni weiter leicht eingetrübt. Zusammen mit dem Anstieg der Auftragseingänge und dem verbesserten Einkaufsmanager-Index scheint sich eine Bodenbildung bei der Konjunkturentwicklung abzuzeichnen. Dennoch: Die bisher vorliegenden Zahlen für das zweite Quartal signalisieren eine klare Schwächephase der deutschen Wirtschaft, die sich durchaus bis in das dritte Quartal hinziehen und damit länger anhalten könnte als vielfach erwartet wird. Die IKB geht unter Berücksichtigung der Wachstumsdelle im Frühjahr und Sommer weiterhin von einem BIP-Wachstum von 0,9 % für das Gesamtjahr 2019 aus.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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