[Healthcare, Pharma, Chemicals-Information vom 21. April 2022]
Die Corona-Pandemie hat die Krankenhauslandschaft in Deutschland sehr stark beeinflusst. Das zeigt der kürzlich veröffentlichte Krankenhausreport des Wissenschaftlichen Instituts der AOK: Einerseits sind und waren viele Krankenhäuser vor allem auf den intensivmedizinischen Stationen bis zu ihrer räumlichen Grenze belastet, ganz zu schweigen von den enormen physischen sowie mentalen Strapazen für Ärzte und Pflegepersonal. Andere Abteilungen waren durch weniger Patienten und eine gesunkene Anzahl von (elektiven) Operationen geringer ausgelastet als in den Jahren zuvor. Untersuchungen lassen vermuten, dass besonders kleine Krankenhäuser von den staatlichen Ausgleichszahlungen vor allem im Jahr 2020 profitiert haben. Damals strömten mehr als 10 Mrd. € in den Sektor. Das Bild für 2021 ist aufgrund mangelnder Daten noch unscharf. Aber auch im vergangenen Jahr sind beachtliche Ausgleichszahlungen geflossen. Was die einen Marktakteure als eine notwendige, flächendeckende Stabilisierung der Daseinsfürsorge in Deutschland ansehen, halten andere für eine Verschleppung notwendiger Konsolidierungsmaßnahmen in diesem Sektor.
Die Behandlung von Covid-Patienten konzentriert sich auf vergleichsweise wenige Kliniken
Bei den Krankenhausbehandlungen in 2020 und 2021 (es liegen nur Zahlen bis Mai 2021 vor) zeigt sich eine sehr ungleichmäßige Verteilung der Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf die Krankenhäuser: 62 % aller im Krankenhaus aufgenommenen Infizierten wurden in lediglich 326 Krankenhäusern von insgesamt rd. 1.300 für die Covid-Versorgung verfügbaren Häusern behandelt. Auch bei den Beatmungsfällen ist eine ähnliche Konzentration festzustellen: 60 % der entsprechenden Patienten entfielen auf 252 Krankenhäuser – hauptsächlich Universitätskliniken, Maximalversorger und Schwerpunktversorger, da diese für die Behandlung intensiv- bzw. beatmungspflichtiger Patienten technisch und pflegerisch besser ausgerüstet sind.
Der Schluss liegt nahe, dass mit staatlicher Unterstützung stationäre Kapazitäten vorgehalten werden, die deutlich über dem notwendigen Maß liegen. Deutschland konnte bisher mit seiner guten ambulanten Struktur, den ausgeprägten Testmöglichkeiten und den zur Verfügung stehenden Laboren den Zusammenbruch der Patientenversorgung aktiv verhindern. Zu schaffen machen jedoch nach wie vor die zahlreichen Personalausfälle, die dazu führen, dass das Versorgungsangebot vielerorts eingeschränkt bleibt.
Verlängerung des Rettungsschirms über den 18. April hinaus?
Die Rettungsschirme, die für die Kliniken gespannt und immer wieder angepasst bzw. verlängert wurden, haben sicherlich geholfen, die Krankenhauslandschaft in ihrer derzeitigen Struktur zu manifestieren. Auch aktuell fordern Krankenhausverbände eine erneute Verlängerung der Freihaltepauschalen über den 18. April hinaus – angesichts der stark angestiegenen Energie- und Sachkosten nicht verwunderlich. Die zweite Säule, die Versorgungspauschale als Zuschlag für die Behandlung von COVID-19-Patienten, wurde ohnehin bereits bis zum 30. Juni verlängert.
Bund greift immer stärker in die Finanzierung der Kliniken ein
In der Diskussion um die Finanzierung geht es inzwischen auch um die Veränderung langjährig gefestigter Strukturen: Die Finanzierung der Investitionen im Krankenhaussektor ist bekanntermaßen Aufgabe der Bundesländer. Allerdings hat während der Corona-Pandemie der Einfluss des Bundes z. B. durch die Ausgleichszahlungen für nichtgenutzte Betten massiv zugenommen. Auch die Bereitstellung von Bundesmitteln im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes und die gestiegene Beteiligung beim GKV-Bundeszuschuss sprechen für eine Neujustierung der Kompetenzen und Zuständigkeiten. Inzwischen gibt es auch Vorschläge, die in Richtung einer Vorhaltefinanzierung durch den Bund gehen. Das bedeutet, gewisse Klinikkapazitäten – vornehmlich im ländlichen Raum – sollen erhalten bleiben und die Versorgung für die Region sicherstellen. Trotzdem soll der notwendige Konzentrationsprozess der deutschen Krankenhauslandschaft in den Ballungsgebieten und Städten beschleunigt werden. Als Instrument soll in Zukunft eine generelle Umsteuerung in der Krankenhausfinanzierung nach Qualitätskriterien und nicht nach Fallzahlen dienen.
Da sich die stationäre Versorgung neu aufstellen muss – Stichworte: Flächenversorgung versus Spezialisierung – wird es spannend werden, wie sich die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern in Zukunft gestalten wird. Man kann nur hoffen, dass ein breiter Konsens zwischen allen beteiligten Marktteilnehmern insbesondere zum Wohle der Patienten gefunden wird.
Johanna Eckert-Kömen betreut als Direktorin im Sektorteam Consumer, Retail, Logistics & Health der IKB insbesondere Unternehmen aus den Branchen Healthcare Services, Medizintechnik, Pharma sowie Kosmetik und ist involviert in Finanzierungs- und Corporate Finance-Transaktionen der Bank. Nach dem Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes stieß sie bereits 1991 zur IKB.
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