[Kapitalmarkt-News vom 14. November 2023]

Fazit: Der aktuelle Konjunkturausblick für 2024 deutet auf einen weiteren Rückgang der Produktion des Verarbeitenden Gewerbes hin. Damit würde die Industrieproduktion das dritte Jahr in Folge sinken, und alle wichtigen Branchen wären betroffen, insbesondere die Automobilindustrie. Auch wenn sich die Konjunktur im Verlauf des nächsten Jahres beleben sollte, ohne greifende Reformen gibt gerade der mittelfristige Ausblick Grund zur Sorge.

Denn der Sachverständigenrat schätzt das Potenzialwachstum in Deutschland für die kommende Jahre auf nur noch 0,4 %. Dies würde einen jährlichen Produktionsrückgang des Verarbeitenden Gewerbes am Standort Deutschland mit sich bringen. Hoffen auf eine baldige Konjunkturerholung allein reicht deshalb nicht aus, um einer möglichen Deindustrialisierung mittelfristig entgegenzuwirken.

Auch wenn monatliche Produktionszahlen des Verarbeitenden Gewerbes oftmals volatil sind, sprechen die September-Daten eine klare Sprache. Sie bestätigen, was schon längst bekannt ist: Die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes am Standort Deutschland ist rückläufig.

Neben bekannten Problemen wie Lieferengpässe und hohe Energiekosten ist eine schwache Nachfrage hinzugekommen. Vor allem letztere sollte die Produktion in der nahen Zukunft prägen. Denn der Konjunkturausblick deutet auf keine kurzfristige Belebung hin. Im Gegenteil: In den USA sollte sich die Konjunktur spürbar abkühlen, während die Folgen der geldpolitischen Straffung in der Euro-Zone noch in den kommenden Quartalen zu spüren sein werden. Die Folgen möglicher Zinssenkungen werden sich sogar frühestens 2025 zeigen. Mit der allgemeinen Nachfrageschwäche sollten sich verstärkt Produktionsrückgänge in nahezu allen Branchen zeigen. Selbst die Elektroindustrie, die dem negativen Produktionstrend seit 2018 immer noch trotzen konnte, verzeichnet aktuell einen Rückgang. Auf welchem kurz- und mittelfristigen Wachstumspfad befindet sich die deutsche Industrie also vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturprognosen? Und wie stellt sich der Ausblick für wichtige Branchen dar?

Empirische Analysen deutet daraufhin, dass Veränderungen der allgemeinen Konjunkturentwicklung ein entscheidender Erklärungsfaktor für Produktionsveränderungen der Industrie und einzelner Branchen sind. Der langfristige oder potenzielle Wachstumspfad wird zwar von strukturellen, also Angebotsfaktoren bestimmt. Doch auch hier ist eine enge Beziehung zwischen der Konjunktur und dem Verarbeitenden Gewerbe festzustellen. Besteht eine konkrete Einschätzung über die kurz- und langfristigen Konjunkturaussichten, ergeben sich daraus Rückschlüsse für den Industrieausblick. Volkswirte sind sich einig, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2023 schrumpfen wird und sich im Jahr 2024 nur moderat erholen wird. Das aktuelle Jahresgutachten des Sachverständigenrats erwartet für die deutsche Wirtschaft einen leichten BIP-Rückgang von -0,4 % im Jahr 2023 und ein Plus von 0,7 % im Jahr 2024. Im Allgemeinen sehen fast alle Prognostiker für das kommende Jahr eine Null vor dem Komma, was effektiv eine Stagnation bedeutet. Auch die IKB geht von einem Wachstum von nur 0,3 % im kommenden Jahr aus. Im Verlauf von 2024 wird dann allgemein von einer Belebung ausgegangen. Die IKB erwartet für das Jahr 2025 ein BIP-Wachstum von um die 2 %. Wie stellt sich nun im Kontext der aktuellen kurz- und mittelfristigen Konjunkturerwartungen der Ausblick für das deutsche Verarbeitende Gewerbe dar?

Für 2024 deutet die allgemeine Konjunkturprognose auf einen erneuten Rückgang der Industrieproduktion hin – das wäre der dritte in Folge. Der seit 2018 anhaltende negative Trend der Produktion am Standort Deutschland würde sich also 2023 und 2024 fortsetzten. In diesem und im kommenden Jahr würde die Produktion um 0,5 % bzw. um über 2 % sinken. Für eine grundsätzliche Trendumkehr bräuchte es eine spürbare und vor allem anhaltend kräftige konjunkturelle Erholung. Die IKB-BIP-Prognose von 2 % im Jahr 2025 würde zwar ein Wachstum für das Verarbeitende Gewerbe von über 3 % andeuten. Damit ergäbe sich aber nur ein U-Verlauf bei der Produktion und sicherlich keine grundsätzliche Trendwende, denn für den gesamten Zeitraum 2020 bis 2025 würde das Verarbeitende Gewerbe auf Basis dieser Konjunkturprognose bestenfalls stagnieren (s. Abb. 2).

Der Sachverständigenrat schätzt das deutsch Potenzialwachstum in den nächsten 10 Jahren auf 0,4 %. Ergeben sich also keine gravierenden Fortschritte bei der Anzahl der Erwerbstätigen, bei Investitionsverhalten, Produktivitätswachstum und Technologie, wird die deutsche Wirtschaft in den nächsten 10 Jahren um nur 0,4 % pro Jahr wachsen. Laut dem Sachverständigenrat ist Deutschland also de facto auf dem Weg in die Stagnation bzw. zum bestenfalls marginalen Wachstum. Kein Wunder, dass der Sachverständigenrat wieder einmal die Notwendigkeit von Reformen betont und eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Denn weitreichende Veränderungen bei allen Wachstumstreibern scheinen notwendig zu sein, um das Potenzialwachstum zu verbessern.

Abb. 2 zeigt die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes auf Basis der IKB-Prognose von 0,3 % BIP-Wachstum im Jahr 2024, 2 % im Jahr 2025 und 1 % im Jahr 2026. Für die Folgejahre gilt die Schätzung des Sachverständigenrats von 0,4 %. Es wichtig zu betonen, dass das BIP-Wachstum von 0,4 % keine konkrete Konjunkturprognose darstellt, sondern die Fortführung des Status Quo ohne Strukturanpassungen. Abb. 1 zeigt somit, auf welchem Pfad sich die deutsche Wirtschaft mittelfristig befinden würde, wenn auf der Angebotsseite in Form von strukturellen Veränderungen und Reformen nichts passiert. Der Standort Deutschland würde sich weiter von der Entwicklung des globalen produzierenden Gewerbes abkoppeln.

Die deutsche Industrie ist angesichts gigantischer notwendiger Investitionen zur Erreichung der Klimaziele besonders gefordert, ihre Investitionsquote deutlich anzuheben. Ergeben sich keine spürbaren Investitionsschübe, wird sich der negative Trend der Produktion beschleunigen. Die tatsächliche Entwicklung könnte sogar schlimmer verlaufen als in Abb. 1, da die Folgen eines sich aufbauenden Transformationsdrucks in der historischen Schätzung nicht berücksichtigt wird. Ein „weiter so wie bisher“ würde bestenfalls einen Rückgang der Industrieproduktion von -0,6 % pro Jahr bedeuten. Es würde auch bedeuten, dass die industrielle Wertschöpfung am Standort Deutschland in Relation zum BIP weiter sinken würde; und diesen Prozess als „Deindustrialisierung“ zu bezeichnen wäre nicht völlig abwegig. Ein „weiter so“ und ein Hoffen auf eine kurzfristige bzw. anhaltende Konjunkturerholung ist keine Option für den Industriestandort Deutschland. Das Sachverständigengutachten betont zudem, dass ein niedriges Potenzialwachstum die Transformation erschweren wird. Schließlich bedarf es Zuversicht und die Aussicht auf ein hohes Gewinnpotenzial am Standort Deutschland, um den lokalen Kapitalstock ausreichend zu erneuern. Mit einem BIP-Wachstum von 0,4 % ist nicht zu erwarten, dass die Transformation gelingt; eher kommt es zu einer Verlagerung bzw. Abbau von Industriekapazitäten. Gerade aus diesem Grund sollte aktuell jegliche Wachstumspolitik auch als Politik der Transformation zum Erreichen der gestellten Klimaziele für Deutschland gesehen werden.

Was bedeutet der gedämpfte Wachstumsausblick im kommenden Jahr für die wichtigsten Industriebranchen? In allen Branchen – bis auf die Elektroindustrie – würde die Produktion 2024 trotz des bereits niedrigen Produktionsniveaus sinken. Insbesondere die Automobilindustrie wäre nach dem Erholungsjahr 2023 stark betroffen. Bei einem langfristigen BIP-Wachstumspotenzial von 0,4 % ohne effektive Reformen wären Automobil- und Chemiebranche mittelfristig die größten Verlierer; ihre Produktion würde deutlich zurückgehen. Der Maschinenbau würde stagnieren, während die Elektroindustrie ihre Produktion halten bzw. leicht ausbauen könnte. Die Metallindustrie würde ebenfalls spürbare Produktionseinbußen hinnehmen müssen. 

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