[Kapitalmarkt-News vom 18. Dezember 2020]
Fazit: Die kommenden Monate werden vom erneuten Lockdown geprägt sein, der zu einem BIP-Rückgang im vierten Quartal 2020 und zu einem schwachen Wachstum im ersten Quartal 2021 führen sollte. Doch die globale Wirtschaft ist um einiges robuster als im ersten Lockdown, was vor allem das Verarbeitende Gewerbe stützen dürfte.
Trotz der kurzfristigen Belastungen ist der Ausblick für 2021 insgesamt positiv. Die beschleunigte Impfstoffverbreitung schon während des zweiten Lockdowns sowie eine synchrone globale Erholung werden zu einer spürbaren Konjunkturbelebung spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 führen. Das wird vor allem den Industriebranchen und dank der Geldpolitik der EZB auch dem DAX deutlichen Auftrieb geben.
Die IKB erwartet für 2021 ein BIP-Wachstum von 4,5 % in Deutschland.
In den kommenden Wochen oder sogar Monaten sollte sich die aktuelle Lage infolge des zweiten Lockdowns weiter verschlechtern. Dies gilt vor allem für die bereits geschwächten Branchen der konsumnahen Dienstleistungen. Doch auch die Industriebranchen wird es angesichts einer schwachen Binnennachfrage und einer allgemeinen Stimmungseintrübung treffen. Auf der anderen Seite sollten sich die Erwartungen perspektivisch aufhellen. Der Lockdown hat die Notwendigkeit der zügigen Umsetzung einer Impfstrategie vorangetrieben. Allerdings ist mit einer deutlichen Aufhellung der Erwartungen und steigendem Unternehmervertrauen erst in Folge einer klaren Reduzierung der Infektionszahlen bzw. erster erkennbarer Erfolge der Impfmaßnahmen zu rechnen, da nur dann das langfristige Risiko von weiteren Lockdown-Maßnahmen eliminiert werden kann. Dies mag sich erst zum Ende des ersten Quartals bzw. im zweiten Quartal des kommenden Jahres abzeichnen.
Der aktuelle Lockdown könnte nicht nur das vierte Quartal treffen, für das bereits ein Rückgang der Wirtschaftsleistung erwartet wird, sondern auch das erste Quartal 2021 – vor allem, wenn sich herausstellt, dass die Eindämmungsmaßnah-men verlängert werden müssen und auch danach strenge Auflagen für die Wirtschaft bestehen bleiben. Mit einer deutlichen konjunkturellen Erholung ist somit frühestens im zweiten, aber vor allem ab dem dritten Quartal 2021 auszugehen. Dann sollte auch der Impfstoff seine Wirkung zeigen und für eine breitangelegte globale Wirtschaftserholung sowie Stimmungsaufhellung sorgen. Die IKB erwartet also nach wie vor eine deutliche globale Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte 2021, angetrieben von einer synchronen Erholung und weltweiten Stimmungsaufhellung infolge der abklingenden Corona-Pandemie. Für die deutsche Wirtschaft geht die IKB von einem BIP-Wachstum von 4,5 % im Jahr 2021 und einer Rückkehr zum Vorkrisen-BIP-Niveau Ende 2021 aus.
Das heutige ifo Geschäftsklima ist nur wenig repräsentativ für den Konjunkturausblick – kurz- wie mittelfristig, denn die Stimmung der Unternehmen hat sich im Dezember unerwartet aufgehellt, die Konsensmeinung ging von einer leichten Eintrübung aus. Der ifo Index stieg im Dezember um 1,4 Punkte auf 92,1 Zähler. Dabei wurde die aktuelle Lage um einen Punkt besser eingeschätzt, und auch der Index der Geschäftsperspektiven legte um 1,3 Zähler zu. Hier spiegelt sich nicht der zweite Lockdown in der Beurteilung der aktuellen Lage, und auch die positive mittelfristige Konjunkturentwicklung wird nur bedingt in der Erwartungskomponente berücksichtigt. Hierfür mag es in der Tat und angesichts der aktuell schwierigen Situation aus Unternehmersicht zu früh sein. Es wird sicherlich noch ein paar Monate dauern, bevor die Erwartungskompo-nente den Gesamtindex deutlich nach oben zieht bzw. der Einfluss der aktuellen Lage nachlässt.
Die erwartete Belebung der Weltwirtschaft sollte dem deutschen Export im Jahr 2021 zunehmend Auftrieb geben. Dies stützt den Ausblick für die konjunktursensitiven Branchen des Verarbeitenden Gewerbes. Die meisten Branchen sollten trotz des erneuten Lockdowns in der zweiten Hälfte 2021 ihr Vorkrisenproduktionsniveau erreichen bzw. zu Jahresende 2021 eine höhere Produktion als vor der Corona-Pandemie aufweisen. Auch erwartet die IKB keine Deglobalisierung und Abschottung einzelner Volkswirtschaften infolge der Corona Pandemie. Im Gegenteil: Die schnelle Konjunkturerholung nach dem Einbruch sowie die positiven Handelszahlen insbesondere aus China bestätigen, dass die grundsätzliche Vernetzung der Weltwirtschat nicht durch die Coronakrise gelitten hat. Auch könnte die durch die Pandemie begünstigte Digitalisierung die globale Vernetzung eher weiter vorantreiben, als sie zu reduzieren.
Das beschriebene Konjunkturentwicklung dem DAX im kommenden Jahr viel Auftrieb geben, unterstützt von einer Notenbankpolitik, die auch im Jahr 2021 im Ausnahmezustand und Krisenmodus bleiben wird. Kurzfristig könnten zwar negative Konjunkturindikatoren die Stimmung belasten, was zu einer gewissen Volatilität führen könnte. Der DAX scheint allerdings von der kurzfristigen, vom Lockdown verursachten Stimmungseintrübung kaum beeindruckt zu sein. Auch bleiben risikofreie Renditen deutlich im negativen Bereich – nominal wie preisbereinigt. Außerdem könnten sich infolge des US-Präsidentschaftswechsels geopolitischen Risiken reduzieren. Insgesamt sollte die Bedeutung der Stimmungsaufhellung nicht unterschätzt werden. Ein weltweiter Vertrauensschub bei Konsumenten, Unternehmern und risikoaversen Investoren sollte der Realwirtschaft sowie den Aktienmärkten einen deutlichen Impuls geben. Auch wenn bereits viele der guten Nachrichten im aktuellen DAX-Niveau eingepreist sind, erwartet die IKB dennoch weiteres und bedeutendes Aufwärtspotenzial für den deutschen Aktienindex. 2021 könnte das Jahr der globalen Aufbruchstimmung werden. Und: Auch wenn es doch nur wenige positive Überraschungen geben sollte, auf eins ist Verlass: Die EZB steht Gewehr bei Fuß.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen. Zudem kommentiert er regelmäßig konjunkturelle Entwicklungen in renommierten Wirtschaftsmedien und ist mit seinen pointierten Präsentationen häufiger Gast bei Verbänden und Unternehmen. Zuvor arbeitete Klaus Bauknecht in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium.
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