[Industrials & Automotive-Information vom 18. Juli 2022]

Geopolitische Spannungen versetzen die Metallmärkte in Aufruhr

Nachdem die Preise für Stahl sowie die meisten börsennotierten Metalle seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine zu einem Höhenflug ansetzten, kam es ab Mai 2022 zu einer massiven Gegenbewegung. Die Sorge, eine weitere Reduktion der russischen Gaslieferungen beziehungsweise deren komplette Beendigung könne Westeuropa in eine tiefe Rezession führen, gewann die Oberhand. Die Preise sanken fast so schnell wie sie zu Kriegsbeginn angezogen hatten.

Gleichzeitig reduzierten sich an den Börsen aber auch bei allen wichtigen Industriemetallen die Lagerbestände weiter kräftig. In der Vergangenheit führten stark sinkende Vorräte in den Warenhäusern der Metallbörsen hingegen üblicherweise zu einem Preisanstieg. Ein gutes Beispiel hierfür war das All-Time-High der Nickelnotierungen im Mai 2007. Nachdem die Lagervorräte auf nur noch rund 6.000 t abgesunken waren, katapultierte dies den Nickelpreis auf rund 52.000 US-$ je t Nickel.

Bei Aluminium ergibt sich für das Jahr 2022 ein weltweiter Bedarf von rund 80 Mio. t Primär- und Recyclingaluminium. Die stabile Nachfrage wird nicht nur vom Trend zum Leichtbau im Pkw gespeist, sondern erhält auch Nachfrageimpulse aus vielen weiteren Sektoren wie Maschinenbau, Bauwirtschaft, Aerospace-Industrie oder Verpackungen.

Bis zur Jahresmitte 2022 sind die Börsenbestände von Aluminium kontinuierlich gesunken. Die Vorräte in den Warenhäusern der LME sind auf dem tiefsten Stand seit über 15 Jahren. Seit 2007 hat allerdings der weltweite Bedarf an Aluminium um fast zwei Drittel zugenommen, so dass damals die Versorgungssicherheit wesentlich höher als heute war.

Ende Juni 2022 verzeichnete die LME einen Bestand von 373.000 t Primär- sowie 2.000 t Recyclingaluminium. Hinzu kamen 240.000 t an der SHFE sowie 22.000 t in den amerikanischen Häusern der Comex. Somit reichten die Börsenvorräte nicht einmal für den globalen Bedarf von 3 Tagen! In der ersten Hälfte des Juli 2022 haben sich die aggregierten Börsenbestände um weitere 10 % reduziert; vorerst ist kein Aufstocken der Vorräte zu erwarten. Zwar geht die IKB davon aus, dass eine Reihe von Verarbeitern noch zum Teil gut bevorratet ist, viele Unternehmen haben sich aber vor dem Hintergrund der Preissituation noch zu Beginn des zweiten Quartals 2022 bei der Bevorratung zurückgehalten.

Gegenbewegung ist zu erwarten

Wenn jetzt nach den Sommermonaten die Nachfrage nach wichtigen Industrie- und Verbrauchsgütern wieder deutlich anzieht, sind viele Firmen gezwungen sehr schnell Vormaterial zu ordern. Wir konnten dieses Phänomen bereits sehr gut zu Beginn des Jahres 2021 beobachten, als nach Beendigung des pandemiebedingten Lockdowns die anziehende Nachfrage nach Automobilen, Maschinenbauprodukten und anderen Industriegütern zu schnellen Preissprüngen führte. Die Börsenbestände der meisten Metalle waren dabei damals im Vergleich zur Situation im Juli 2022 noch komfortabel.

Sollte sich der weltweite Bestand von Aluminium an den drei Börsen auf unter 0,5 Mio. t reduzieren, was die IKB durchaus schon bis Anfang August 2022 für wahrscheinlich hält, wird dies auch ganz schnell wieder investive Anleger bewegen, Aluminium in den Fokus zu nehmen. Dies könnte der Start in einen heißen Börsenherbst an den Aluminiummärkten bedeuten.

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Dennis Rauen
Prokurist Consumer/Retail, Logistics & TMT
E-Mail: dennis.rauen@ikb.de